»Laßt ihn doch«, wiederholte Hermine und zerrte Harry und Ron auf den Weg zurück.
»Ich wette mit euch, daß sein Dad einer von diesen maskierten Banditen ist«, sagte Ron empört.
»Mit ein wenig Glück wird das Ministerium ihn kriegen!«, sagte Hermine erhitzt.»Nein, ich faß es nicht, wo stecken denn die anderen?«
Auf dem Weg herrschte ein großes Gedränge. Menschen warfen nervöse Blicke zum Treiben auf dem Zeltplatz, doch von Fred, George und Ginny war weit und breit keine Spur.
Ein Stück weiter trafen sie auf einen Schwärm Teenager, die sich lautstark und aufgeregt über etwas stritten. Als sie Harry, Ron und Hermine sahen, wandte sich ein Mädchen mit dichtem Lockenhaar um und sagte schnell:»Oû est Madame Maxime? Nous l'avons perdue -«
»Ähm – was?«, sagte Ron.
»Oh…«, das Mädchen, das gesprochen hatte, kehrte ihm den Rücken zu, und als sie weitergingen, hörten sie deutlich, wie sie»Ogwarts«sagte.
»Beauxbatons«, murmelte Hermine.
»Wie bitte?«, sagte Harry.
»Das müssen Beauxbatons sein«, sagte Hermine.»Ihr wißt doch… Beauxbatons, Akademie für Zauberei… Ich hab davon im Handbuch der europäischen Magierausbildung gelesen.«
»Oh… ja… natürlich«, sagte Harry.
»Fred und George können nicht so weit gekommen sein«, sagte Ron, zückte den Zauberstab und ließ den Lichtstrahl neben dem Hermines den Pfad entlangwandern. Harry grub in der Jackentasche nach seinem Zauberstab – doch er fand nur das Omniglas.
»Aah, nein, so ein Mist… ich hab meinen Zauberstab verloren!«
»Machst du Witze?«
Ron und Hermine hoben ihre Zauberstäbe, um das spärliche Licht besser auf dem Boden zu verteilen; Harry suchte überall, wo er gestanden hatte, doch sein Zauberstab war nirgends zu sehen.
»Vielleicht hast du ihn im Zelt gelassen«, sagte Ron.
»Vielleicht ist er dir aus der Tasche gefallen, als wir gerannt sind?«, überlegte Hermine beklommen.
»Jaah«, sagte Harry,»vielleicht…«
Normalerweise trug er seinen Zauberstab immer bei sich, wenn er in der Zaubererwelt war, und nun, da er inmitten dieses brenzligen Geschehens ohne ihn dastand, fühlte er sich ziemlich schutzlos.
Ein Geraschel ließ sie alle zusammenzucken. Winky, die Hauselfe, strampelte mühsam aus einem dichten Buschgeflecht am Wegrand hervor. Sie bewegte sich äußerst merkwürdig, offenbar fiel es ihr sehr schwer zu gehen; es war, als ob etwas Unsichtbares sie festhalten würde.
»Böse Zauberer sind überall!«, piepste sie verwirrt, während sie sich nach vorn beugte und mit aller Kraft zu laufen versuchte.»Leute oben – hoch oben in der Luft! Winky macht sich besser aus dem Staub!«
Und sie verschwand zwischen den Bäumen auf der anderen Seite des Weges, keuchend und piepsend gegen die Kraft ankämpfend, die sie zurückhielt.
»Was ist denn mit der los?«, sagte Ron und sah Winky neugierig nach.»Warum kann sie nicht richtig laufen?«
»Wahrscheinlich hat sie nicht gefragt, ob sie sich verstecken darf«, sagte Harry. Er dachte an Dobby: Jedes Mal, wenn er versucht hatte etwas zu tun, was die Malfoys nicht mochten, spürte er den unwiderstehlichen Drang, sich selbst zu verprügeln.
»Ihr wißt ja, mit den Hauselfen springen sie ganz übel um!«, sagte Hermine entrüstet.»Das ist Sklaverei, nichts anderes! Dieser Mr Crouch hat sie gezwungen, auf die höchste Tribüne zu steigen, wo sie doch furchtbare Angst hatte, und er hat sie verhext, so daß sie nicht einmal wegrennen kann, wenn sie anfangen die Zelte niederzutrampeln! Warum unternimmt eigentlich niemand was dagegen?«
»Was willst du, die Elfen sind doch glücklich, oder etwa nicht?«, sagte Ron.»Du hast doch vorhin beim Spiel die gute alte Winky gehört… ›Hauselfen sollen keinen Spaß haben‹… herumkommandiert werden ist doch genau das, was sie mag…«
»Es sind solche Leute wie du, Ron«, platzte Hermine aufgebracht los,»die morsche und ungerechte Ordnungen auch noch stützen, nur weil ihr zu lasch seid, um…«
Wieder knallte es laut vom Waldrand her.
»Laßt uns lieber weitergehen!«, sagte Ron, und Harry bemerkte, wie er Hermine einen nervösen Blick zuwarf. Vielleicht war etwas dran an dem, was Malfoy gesagt hatte; vielleicht war Hermine tatsächlich in größerer Gefahr als er und Ron. Während Harry immer noch seine Taschen durchwühlte, obwohl er wußte, daß sein Zauberstab nicht da war, machten sie sich wieder auf die Beine.
Immer tiefer in den Wald hinein folgten sie dem dunklen Weg, ständig auf der Ausschau nach Fred, George und Ginny. Sie kamen an einer Gruppe Leprechans vorbei, die kichernd einen Sack Gold begutachteten, den sie zweifellos bei einer Wette gewonnen hatten, und die von dem Aufruhr auf dem Zeltplatz völlig unberührt schienen. Noch ein Stück weiter sahen sie einen Fleck silbrigen Lichts, und als sie durch die Bäume spähten, sahen sie drei große, schöne Veela auf einer Lichtung stehen, umringt von einer laut schnatternden Schar Zauberer.
»Ich mach ungefähr hundert Sack Galleonen im Jahr«, rief einer von ihnen.»Ich bin ein Drachentöter beim Kommando für die Beseitigung Gefährlicher Geschöpfe.«