Durch den Wald ergoß sich grelles Licht. Die Zweige und Blätter hoch über ihnen, die bislang nicht zu erkennen gewesen waren, leuchteten schneeweiß auf. Jeder einzelne Grashalm, jeder Zweig an den Sträuchern zeichnete sich ab. In diesem strahlenden Glanz ging das rote Licht der Stämme unter. Zur gleichen Zeit krachte ein fürchterlicher Donnerschlag, als wären samtliche Bäume des Waldes zugleich gefällt worden.
Halb betäubt, bedeckten die beiden Männer das Gesicht mit den Händen. Sie sahen aber noch, wie sich der ganze Glanz der Kuppel ihnen zu Häupten pfeilgeschwind in eine einzige Feuersaule verwandelte und auf das Dach des Geländewagens stürzte.
Sogar durch die geschlossenen Lider fühlten sie, wie es im Wagen unerträglich hell wurde. Sie hörten ein heftiges Knakken, das von einem zweiten, weitaus schrecklicheren Donnerschlag übertönt wurde.
Ehe der Professor das Bewußtsein verlor, bemerkte er noch starken Ozongeruch. Ein letzter Gedanke flackerte in seinem zerrütteten Hirn auf: die Antenne!
Belopolski erhob sich halb von seinem Sitz, beugte sich krampfhaft vor, gleichsam bemüht, das Gleichgewicht zu halten, und schlug dann lang auf den Boden der Kabine. Über ihn fiel wie leblos Balandin …
Das strahlende Gewölbe wurde noch gleißender, noch blendender. Aber die beiden Männer sahen und hörten nichts mehr.
Triumphierend krachten Donnerschläge, als feierten sie ihren Sieg über die irdischen Eindringlinge. Durch das Gewölbe der Baumkronen stießen grelle Blitze ins Dickicht und flossen, in zahllose Rinnsale verzweigt, die Baumstämme hinab. Rot leuchtend flammten die Baumriesen auf und erloschen wieder.
Fern erscholl, allmählich wachsend und anschwellend, dumpfes Grollen.
Über dem Ort, an dem mit verbrannter Antenne der Geländewagen stand, zog der wütende Venusregen auf.
Am Ufer des Sees
Dieses Gewitter war das kürzeste, aber schrecklichste, das die Sternfahrer auf dem unerforschten Planeten erlebten.
Es gab Augenblicke, in denen sie zweifelten, ob der Schiffskörper die ununterbrochen herniederprasselnden Blitze und die schreckliche Wucht der Regengüsse aushalten würde, von denen das ganze Schiff erbebte. Noch nie hatten die Elemente derart gewütet.
Bei jedem Donnerschlag — und sie folgten einander fast ohne Pause — schlitterte das gewaltige Raumschiff so heftig, daß alle fürchteten, es werde sich sogleich auf die Seite legen und wie ein Strohhalm, den der Wirbelsturm vor sich her treibt, das Ufer hinabgleiten.
Die Außenatmosphäre verwandelte sich in ein einziges elektrisches Meer. Alle Anlagen des zentralen Steuerpultes, die nach draußen Verbindung besaßen, versagten. Das Schiff „erblindete“, wurde „taub“. Zum Glück war es Toporkow gelungen, die Außenantenne beizeiten zu bergen. Das berechtigte zu der Hoffnung, daß die Funkanlagen wenigstens nicht zerstört werden würden.
An den erstbesten Gegenstand geklammert — Hauptsache, er war befestigt und hielt! — , warteten die Besatzungsmitglieder stumm auf das Ende des Chaos. In den zwölf Minuten, die das Gewitter währte, dachte keiner von ihnen an sich und was ihn erwartete, falls das Schiff umschlagen würde. Alle weilten in Gedanken an der Seite ihrer Genossen im Wald.
Das hundert Tonnen schwere Raumschiff trotzte mühsam der Gewalt des Unwetters. Was aber mochte aus dem kleinen, leichten Geländewagen und den beiden Insassen geworden sein? Bot ihnen der Wald, auf den sie sich verlassen hatten, als sie ihre gefährliche Fahrt begannen, genügend Schutz?
Quälend langsam verstrichen die Sekunden, die Minuten …
Das gewaltige Schiff schütterte und wankte. Das Gewitter schien kein Ende zu nehmen.
Wenn später jemand daran zurückdachte, daß ihnen kurze zwölf Minuten wie träge Stunden vorgekommen waren, wunderte er sich. Aber genauso war es gewesen.
Kaum war das Gewitter mit der für die Venus üblichen Plötzlichkeit abgezogen, erscholl in allen Räumen des Raumschiffes die bestimmte und äußerlich ruhige Stimme Melnikows. Er hatte sein Pult die ganze Zeit nicht verlassen, um nötigenfalls, wenn es am Boden zu gefährlich wurde, mit dem Schiff sofort starten zu können.
„Sofort die Geräte und Apparaturen der Funkkabine, des Observatoriums und der Räume im Achterschiff prüfen und mir ihren Zustand melden“, befahl er. „Die Genossen Knjasew und Wtorow machen den zweiten Geländewagen fahrfertig und halten sich bereit, um nötigenfalls dem anderen Wagen zu Hilfe zu kommen. Stepan Arkadjewitsch stellt ein Rettungskommando zusammen. Igor Dmitrijewitsch — so schnell wie möglich Funkverbindung mit Belopolski und Balandin herstellen. Ich bin am Steuerpult.“ Während Melnikow auf die Ausführung seiner Befehle wartete, kontrollierte er mit Hilfe der Geräte den allgemeinen Zustand des Schiffes. Er wußte schon, daß der zentrale Bildschirm nicht funktionierte. Aber wie sah es mit den anderen aus?
Systematisch drückte er nacheinander auf die Kontrollknöpfe und verfolgte gespannt die Antworten, die ihm die Lämpchen am Pult und die Aufzeichnungsstreifen der Registriergeräte gaben.