»Es wird alles zur rechten Zeit klar werden,« erwiderte Anton Antonowitsch nach einer Pause in ernstem Tone und, wie es Herrn Goljadkin schien, mit einer Miene, die deutlich zu verstehen gab, daß Anton Antonowitsch überhaupt nicht wünschte, das Gespräch fortzusetzen. »Sie werden in kurzer Zeit alles erfahren. Noch heute werden Sie formell von allem unterrichtet werden.«
»Was meinen Sie denn mit 'formell', Anton Antonowitsch? Warum denn gerade formell?« fragte unser Held schüchtern.
»Es steht uns beiden nicht zu, über das zu urteilen, Jakow Petrowitsch, was die Behörde für gut findet.«
»Warum denn die Behörde, Anton Antonowitsch?« fragte Herr Goljadkin, der noch zaghafter geworden war, »warum denn die Behörde? Ich sehe keine Ursache, weshalb die Behörde damit belästigt werden sollte, Anton Antonowitsch... Sie wollen mir vielleicht etwas über das gestrige Vorkommnis sagen, Anton Antonowitsch?«
»Nein, um das gestrige Vorkommnis handelt es sich nicht; aber es ist sonst noch dies und das bei Ihnen nicht in Ordnung.« »Was ist denn bei mir nicht in Ordnung, Anton Antonowitsch? Mir scheint, Anton Antonowitsch, daß bei mir alles in Ordnung ist.«
»Aber warum wollten Sie denn schlaue Pfiffe und Kniffe zur Anwendung bringen?« unterbrach Anton Antonowitsch scharf den ganz bestürzten Herrn Goljadkin. Dieser fuhr zusammen und wurde bleich wie Leinewand.
»Freilich, Anton Antonowitsch,« sagte er mit kaum vernehmbarer Stimme, »wenn man die Stimme der Verleumdung beachtet und auf unsere Feinde hört, ohne eine Rechtfertigung von der anderen Seite anzunehmen, dann muß unsereiner leiden, Anton Antonowitsch, schuldlos, und ohne etwas begangen zu haben, leiden.«
»Hm, hm; und Ihr unwürdiges Benehmen, durch das Sie dem Rufe eines anständigen Mädchens, der Tochter jener wohlbekannten, humanen, hochgeachteten Familie, geschadet haben, einer Familie, die Ihnen so viel Gutes erwiesen hatte?«
»Was meinen Sie denn für ein Benehmen, Anton Antonowitsch?«
»Hm, hm. Und da ist dann noch ein anderes Mädchen, das zwar arm, aber von ehrenhafter, ausländischer Herkunft ist; an Ihr löbliches Verhalten diesem Mädchen gegenüber erinnern Sie sich wohl auch nicht?«
»Gestatten Sie, Anton Antonowitsch... haben Sie die Güte, mich anzuhören, Anton Antonowitsch...«
»Und Ihr treuloses Benehmen einer andern Person gegenüber, die Sie verleumdet und eines Vergehens bezichtigt haben, das Sie sich selbst haben zuschulden kommen lassen? Nun, wie nennt man das?«
»Anton Antonowitsch, ich habe ihn nicht aus dem Hause getrieben,« erwiderte unser Held zitternd, »und habe auch Petruschka, meinem Diener, keine derartige Instruktion gegeben... Er hat von meinem Tische gegessen, Anton Antonowitsch; er hat meine Gastfreundschaft genossen,« fügte unser Held ausdrucksvoll und mit tiefem Gefühl hinzu, so daß sein Kinn ein wenig zu hüpfen begann und ihm die Tränen wieder in die Augen kamen.
»Das reden Sie nur so hin, Jakow Petrowitsch, daß er von Ihrem Tische gegessen habe,« antwortete Anton Antonowitsch, den Mund zum Lächeln verziehend, und seinem Tone war eine gewisse Verschmitztheit anzuhören, so daß es Herrn Goljadkin war, als würde ihm ein Stich ins Herz versetzt.
»Gestatten Sie mir, Sie noch ganz bescheiden zu fragen, Anton Antonowitsch: ist denn all dies Seiner Exzellenz bekannt?«
»Aber natürlich! Lassen Sie mich aber jetzt in Ruhe; ich habe jetzt für Sie keine Zeit mehr... Noch heute werden Sie alles erfahren, was Sie zu wissen brauchen.«
»Erlauben Sie noch einen Augenblick, um Gottes willen, Anton Antonowitsch...«
»Sie können es mir ein andermal erzählen...«
»Nein, Anton Antonowitsch: ich bin, sehen Sie, hören Sie nur, Anton Antonowitsch... Ich bin durchaus nicht für die Freigeisterei, Anton Antonowitsch; ich lehne die Freigeisterei ab; ich bin meinerseits völlig bereit... und es ist mir sogar der Gedanke gekommen...«
»Schon gut, schon gut. Ich habe das schon einmal gehört...«
»Nein, das haben Sie noch nicht gehört, Anton Antonowitsch. Das ist etwas anderes, Anton Antonowitsch; das ist etwas Gutes, wirklich etwas Gutes und angenehm zu hören... Es ist mir, wie ich schon gesagt habe, der Gedanke gekommen, Anton Antonowitsch, daß da die göttliche Vorsehung zwei ganz ähnliche Menschen geschaffen und die edeldenkende Behörde im Hinblick auf diese Tat der göttlichen Vorsehung den beiden Zwillingen Obdach gewährt hat. Das ist ein guter Gedanke, Anton Antonowitsch. Sie sehen, daß das ein sehr guter Gedanke ist, Anton Antonowitsch, und daß ich fern von aller Freigeisterei bin. Ich betrachte die edeldenkende Behörde als meinen Vater. Jawohl, die edeldenkende Behörde und Sie, hm... Ein junger Mensch muß ein Amt haben... Unterstützen Sie mich, Anton Antonowitsch... treten Sie für mich ein, Anton Antonowitsch... Ich will weiter nichts... Anton Antonowitsch, um Gottes willen, nur noch ein Wörtchen... Anton Antonowitsch...«