Читаем Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend полностью

Wernicke merkt die Ironie nicht, so sehr ist er bei der Sache.»Die erste flüchtige Begegnung und die Behandlung haben natürlich alles zurückgebracht; das war ja auch die Absicht – aber seitdem – ich habe große Hoffnungen! Sie verstehen, daß ich jetzt nichts brauchen kann, was ablenken könnte -«

»Das verstehe ich. Nicht mich.«

Wernicke nickt.»Ich wußte, daß Sie es verstehen würden! Sie haben ja auch etwas von der Neugier des Wissenschaftlers. Eine Zeitlang waren Sie sehr brauchbar, aber jetzt – was ist los mit Ihnen? Ist Ihnen zu heiß?«

»Es ist die Zigarre. Zu stark.«

»Im Gegenteil!«erklärt der unermüdliche Wissenschaftler.»Diese Brasils sehen stark aus – sind aber das Leichteste, was es gibt.«

Das ist manches, denke ich, und lege das Kraut weg.»Das menschliche Gehirn!«sagt Wernicke fast schwärmerisch.

»Früher wollte ich mal Matrose und Abenteurer und Forscher im Urwald werden – lachhaft! Das größte Abenteuer steckt hier!«

Er klopft sich an die Stirn.»Ich glaube, ich habe Ihnen das schon früher einmal erklärt.«

»Ja«, sage ich.»Schon oft.«


Die grünen Schalen der Kastanien rascheln unter meinen Füßen. Verliebt wie ein Mondkalb, denke ich, was versteht dieser Tatsachenkaffer schon darunter? Wenn es so einfach wäre! Ich gehe zum Tor und streife fast an eine Frau, die mir langsam entgegenkommt. Sie trägt eine Pelzstola und gehört nicht zur Anstalt. Ich sehe ein blasses verwischtes Gesicht im Dunkeln, und ein Ruch von Parfüm weht hinter ihr her.»Wer war das?«frage ich den Wächter am Ausgang.

»Eine Dame für Doktor Wernicke. War schon ein paarmal hier. Hat, glaub’ ich, einen Patienten hier.«

Die Mutter, denke ich und hoffe, daß es nicht so sei. Ich bleibe draußen stehen und starre zur Anstalt hinüber. Wut packt mich, Zorn, lächerlich gewesen zu sein, und dann ein erbärmliches Mitleid mit mir selber – aber schließlich bleibt nichts als Hilflosigkeit. Ich lehne mich an eine Kastanie und fühle den kühlen Stamm und weiß nicht, was ich will und was ich möchte.

Ich gehe weiter, und während ich gehe, wird es besser. Laß sie reden, Isabelle, denke ich, laß sie lachen über uns als Mondkälber! Du süßes, geliebtes Leben, du fliegendes, ungehemmtes, das da sicher trat, wo andere versinken, das schwebte, wo andere mit Kanonenstiefeln trampeln, aber das sich verstrickte und blutig riß in Spinnenfäden und an Grenzen, die die anderen nicht sehen – was wollen sie nur von dir? Wozu müssen sie dich so gierig zurückreißen wollen in ihre Welt, in unsere Welt, warum lassen sie dir nicht dein Schmetterlingsdasein jenseits von Ursache und Wirkung und Zeit und Tod? Ist es Eifersucht? Ist es Ahnungslosigkeit? Oder ist es wahr, was Wernicke sagt, daß er dich retten muß davor, daß es schlimmer wird, vor den namenlosen Ängsten, die noch gekommen wären, stärker als die, die er selbst beschworen hat, und schließlich vor dem krötenhaften Dahindämmern in Stumpfsinn? Aber ist er sicher, daß er das kann? Ist er sicher, daß er nicht gerade mit seinen Rettungsversuchen dich zerbricht oder dich rascher dahin stößt, wovor er dich retten will? Wer weiß das? Was weiß dieser Wissenschaftler, dieser Schmetterlingssammler schon vom Fliegen, vom Wind, von den Gefahren und dem Entzücken der Tage und Nächte ohne Raum und Zeit? Kennt er die Zukunft? Hat er den Mond getrunken? Weiß er, daß Pflanzen schreien? Er lacht darüber. Für ihn ist das alles nur eine Ausweichreaktion auf ein brutales Erlebnis. Aber ist er ein Prophet, der voraussieht, was geschehen wird? Ist er Gott, daß er weiß, was geschehen muß? Was hat er schon von mir gewußt? Daß es ganz gut wäre, wenn ich etwas verliebt gewesen wäre? Aber was weiß ich selbst davon? Es ist aufgebrochen und strömt und hat kein Ende, was habe ich davon geahnt? Wie kann man so hingegeben sein an jemand? Habe ich es nicht selbst immer wieder fortgewiesen in den Wochen, die nun wie ein unerreichbarer Sonnenuntergang fern am Horizont liegen? Aber was klage ich? Worum habe ich Angst? Kann nicht alles gut werden und Isabelle gesund und -

Da stocke ich. Was dann? Wird sie nicht fortgehen? Und ist dann nicht plötzlich eine Mutter mit einer Pelzstola da, mit diskretem Parfüm, mit Verwandten im Hintergrund und Ansprüchen für ihre Tochter? Ist sie dann nicht verloren für mich, der nicht einmal genug Geld zusammenbringen kann, um sich einen Anzug zu kaufen? Und bin ich vielleicht nur deshalb so verwirrt? Aus stumpfem Egoismus, und alles andere ist nur Dekoration?

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