Читаем Im Westen nichts Neues полностью

Immer noch liege ich in meiner Mulde. Ich sehe auf die Uhr; es sind erst wenige Minuten vergangen. Meine Stirn ist naß, meine Augenhöhlen sind feucht, die Hände zittern, und ich keuche leise. Es ist nichts anderes als ein furchtbarer Angstanfall, eine einfach gemeine Hundeangst davor, den Kopf herauszustrecken und weiterzukriechen.

Wie ein Brei zerquillt meine Anspannung zu dem Wunsch, liegenbleiben zu können. Meine Glieder kleben am Boden, ich mache einen vergeblichen Versuch – sie wollen sich nicht lösen. Ich presse mich an die Erde, ich kann nicht vorwärts, ich fasse den Entschluß, liegenzubleiben.

Aber sofort überspült mich die Welle erneut, eine Welle aus Scham, Reue und doch auch Geborgenheit. Ich erhebe mich ein wenig, um Ausschau zu halten. Meine Augen brennen, so starre ich in das Dunkel. Eine Leuchtkugel geht hoch; – ich ducke mich wieder.

Ich kämpfe einen sinnlosen, wirren Kampf, ich will aus der Mulde heraus und rutsche doch wieder hinein, ich sage,»du mußt, es sind deine Kameraden, es ist ja nicht irgendein dummer Befehl«, – und gleich darauf:»Was geht es mich an, ich habe nur ein Leben zu verlieren -«

Das macht alles dieser Urlaub, entschuldige ich mich erbittert. Aber ich glaube es selbst nicht, mir wird entsetzlich flau, ich erhebe mich langsam und stemme die Arme vor, ziehe den Rücken nach und liege jetzt halb auf dem Rande des Trichters.

Da vernehme ich Geräusche und zucke zurück. Man hört trotz des Artillerielärms verdächtige Geräusche. Ich lausche – das Geräusch ist hinter mir. Es sind Leute von uns, die durch den Graben gehen. Nun höre ich auch gedämpfte Stimmen. Es könnte dem Tone nach Kat sein, der da spricht.

Eine ungemeine Wärme durchflutet mich mit einemmal. Diese Stimmen, diese wenigen, leisen Worte, diese Schritte im Graben hinter mir reißen mich mit einem Ruck aus der fürchterlichen Vereinsamung der Todesangst, der ich beinahe verfallen wäre. Sie sind mehr als mein Leben, diese Stimmen, sie sind mehr als Mütterlichkeit und Angst, sie sind das Stärkste und Schützendste, was es überhaupt gibt: es sind die Stimmen meiner Kameraden. Ich bin nicht mehr ein zitterndes Stück Dasein allein im Dunkel – ich gehöre zu ihnen und sie zu mir, wir haben alle die gleiche Angst und das gleiche Leben, wir sind verbunden auf eine einfache und schwere Art. Ich möchte mein Gesicht in sie hineindrücken, in die Stimmen, diese paar Worte, die mich gerettet haben und die mir beistehen werden.


* * *


Vorsichtig gleite ich über den Rand und schlängele mich vorwärts. Auf allen vieren schlurfe ich weiter; es geht gut, ich peile die Richtung an, schaue mich um und merke mir das Bild des Geschützfeuers, um zurückzufinden. Dann suche ich Anschluß an die andern zu bekommen.

Immer noch habe ich Angst, aber es ist eine vernünftige Angst, eine außerordentlich gesteigerte Vorsicht. Die Nacht ist windig, und Schatten gehen hin und her beim Aufflackern des Mündungsfeuers. Man sieht dadurch zu wenig und zu viel. Oft erstarre ich, aber es ist immer nichts. So komme ich ziemlich weit vor und kehre dann im Bogen wieder um. Den Anschluß habe ich nicht gefunden. Jeder Meter näher zu unserm Graben erfüllt mich mit Zuversicht – allerdings auch mit größerer Hast. Es wäre nicht schön, jetzt noch eins verpaßt zu kriegen.

Da durchfährt mich ein neuer Schreck. Ich kann die Richtung nicht mehr genau wiedererkennen. Still hocke ich mich in einen Trichter und versuche mich zu orientieren. Es ist mehr als einmal vorgekommen, daß jemand vergnügt in einen Graben sprang und dann erst entdeckte, daß es der falsche war.

Nach einiger Zeit horche ich wieder. Immer noch bin ich nicht richtig. Das Trichtergewirr erscheint mir jetzt so unübersichtlich, daß ich vor Aufregung überhaupt nicht mehr weiß, wohin ich mich wenden soll. Vielleicht krieche ich parallel zu den Gräben, das kann ja endlos dauern. Deshalb schlage ich wieder einen Haken.

Diese verfluchten Leuchtschirme! Sie scheinen eine Stunde zu brennen, man kann keine Bewegung machen, ohne daß es gleich um einen herum pfeift.

Doch es hilft nichts, ich muß heraus. Stockend arbeite ich mich weiter, ich krebse über den Boden weg und reiße mir die Hände wund an den zackigen Splittern, die scharf wie Rasiermesser sind. Manchmal habe ich den Eindruck, als wenn der Himmel etwas heller würde am Horizont, doch das kann auch Einbildung sein. Allmählich aber merke ich, daß ich um mein Leben krieche.

Eine Granate knallt. Gleich darauf zwei andere. Und schon geht es los. Ein Feuerüberfall. Maschinengewehre knattern. Jetzt gibt es vorläufig nichts anderes, als liegenzubleiben. Es scheint ein Angriff zu werden. Überall steigen Leuchtraketen. Ununterbrochen.

Ich liege gekrümmt in einem großen Trichter, die Beine im Wasser bis zum Bauch. Wenn der Angriff einsetzt, werde ich mich ins Wasser fallen lassen, so weit es geht, ohne zu ersticken, das Gesicht im Dreck. Ich muß den toten Mann markieren.

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