Das Gewitter war abgezogen, aber die Funkverbindung noch nicht wiederhergestellt. Über der Insel schien es immer noch zu regnen.
Der Wind riß die Wellenkämme ab. Sprühender Gischt verhängte die Sicht wie Nebel.
Zäh hielt sich die Maschine in der Luft.
Plötzlich legte sich die Bewegung des Wassers. Die tosenden Wogen glätteten sich. Beinahe reglos dehnte sich unter den Tragflächen die See. Der Nebel verflog.
„Land in Sicht!“ rief Wtorow verzweifelt.
Bedrohlich nahe, wie vom Meeresgrund emporgestiegen, reckte sich dem Flugzeug ein unbekanntes, felsiges Ufer entgegen.
Melnikow riß instinktiv den Steuerknüppel an sich. Aber die Maschine konnte sich ohne Triebwerke nicht mehr erheben.
Die Katastrophe war unvermeidbar.
Schon wasserte die Maschine und raste, auf den Schwimmern gleitend, geradewegs auf die Felsen zu …
Zu Hilfe!
Die ganze Besatzung von „SSSR-KS 3“ war in der Funkkabine versammelt.
Toporkow saß am Empfänger, bereit, sobald der verfluchte Regen aufhörte, die Funkverbindung mit dem Flugzeug wiederaufzunehmen.
In den Lautsprechern knatterte es pausenlos, manchmal so stark, daß alle glaubten, der Empfänger würde es nicht aushalten. Die Geräte zeigten an, daß die Außenluft gefährlich mit Elektrizität gesättigt war. Das Raumschiff befand sich gleichsam inmitten eines ungeheuren, nicht enden wollenden Blitzes.
Das Donnergepolter war sogar in der Funkkabine zu hören, obwohl sie im Innern des Schiffsrumpfes lag.
„Sollten wir die Antenne nicht doch lieber einziehen?“ schlug Saizew vor.
Toporkow schüttelte verneinend den Kopf.
Schon vor fünfzig Minuten hatte das Gewitter die Insel zugedeckt, und noch immer war nicht abzusehen, wann es endlich aufhören würde. Solch ein heftiges Unwetter hatten sie noch nie erlebt.
Äußerlich ruhig saß Belopolski neben Toporkow und sah alle Augenblicke nach der Uhr.
Sehr selten ließ jemand ein Wort fallen und — verstummte wieder, weil niemand antwortete. Die Gedanken der Sternfahrer waren in weiter Ferne, dort, wo das einsame Flugzeug mit ihren beiden Genossen in der Luft schwebte, durch die Regenwand von Insel und Schiff abgeschnitten.
Wo war die Maschine? Wie weit vom Schiff entfernt? Sie wußten es nicht. Vielleicht erstreckte sich das Gewitter in beiden Richtungen über Hunderte von Kilometern? Die Zeit verging quälend langsam. Dann endlich war die Front abgezogen.
Toporkow schaltete die Sendeanlage ein. Obwohl das Prüfgerät noch eine außerordentlich starke Ionisierung der Luft anzeigte, begann er, auf der vereinbarten Funkwelle Melnikow zu rufen. Wenn sich freilich Melnikow und Wtorow allzuweit von der Insel entfernt hatten, konnte die Verbindung nicht zustande kommen.
Minuten vergingen, nichts.
Die wütenden Donnerschläge verhallten. Im Äther trat völlige Stille ein. Der Zeiger des lonometers sank auf Null, die Luft war frei von Elektrizität.
„Hier spricht das Raumschiff! Wo seid, ihr? Wo seid ihr?
Antwortet! Hier spricht das Raumschiff!“ „Sofort das zweite Flugzeug montieren!“ befahl Belopolski.
„So schnell wie möglich!“ Außer Toporkow stürzten alle zur Tür.
„Paitschadse, Andrejew und ich bleiben an Bord. Konstantin Wassiljewitsch, sorgen Sie dafür, daß die Maschine schnellstens startklar wird!“ „Selbstverständlich!“ antwortete Saizew.
„Hier spricht das Raumschiff! Wo seid ihr? Antwortet! Antwortet!“ „Wenn das Flugzeug zu weit entfernt ist“, sagte Andrejew, „könnte zwischen ihm und uns ein Gewitter stehen, das die Funkwellen aufhält.“ „Wieviel Luft haben die beiden?“ fragte Paitschadse.
„Sie reicht für zwei Menschen vierundzwanzig Stunden.“ „Hier spricht das Raumschiff! Wo seid ihr?…“ Stunden vergingen.
Kurze Gewitter zwangen die fünf Männer mehrmals, die Arbeit am zweiten Flugzeug einzustellen. Die Montage der Tragflächen dauerte an sich schon nicht weniger als zwölf Stunden, diese erzwungenen Unterbrechungen aber reizten die ohnehin gespannten Nerven bis zum äußersten. Der stets ruhige und ausgeglichene Saizew fluchte wie ein Besessener, wenn er warten mußte, bis es wieder aufklarte.
Belopolski schickte zur Unterstützung auch noch Andrejew und Paitschadse. An Bord blieben nur zwei Mann. Das war ein grober Verstoß gegen die Vorschriften, die bei Raumfahrten zu beachten waren.
Es wurde in wahnsinnigem Tempo gearbeitet. Alle wußten genau, daß Melnikow, wenn er sehr weit abseits geflogen war, die Insel ohne Funkverbindung auf dem unendlichen Ozean nicht würde finden können. Eine Funkverbindung war immer noch nicht zustande gekommen.
Sie fürchteten sich vor dem Gedanken, daß alles aus sei und ihre beiden Kameraden längst den Tod gefunden hätten. Die fehlende Funkverbindung erklärten sie sich mit Gewitterfronten.
Die letzte Meldung vom Flugzeug hatte besagt, daß es Kurs Süd einschlage. Also würde man in dieser Richtung suchen müssen. Vorher aber mußte erst die Montage abgeschlossen, ein günstiger Moment abgewartet und dann endlich gestartet werden. Und wohin?