Er knipste die Innenbeleuchtung aus und schaltete in der Annahme, die Schneise würde unter Wasser stehen, die Scheinwerfer ein. Aber die Schneise war ebenso trocken wie vor dem Gewitter.
„Merkwürdig!“ sagte er. „Nimmt der Boden das Wasser so schnell auf? Es hat doch erst vor höchstens fünf Minuten aufgehört zu regnen …“ „Vielleicht hat es noch gar nicht angefangen?“ „Aber warum hört man dann keinen Donner und sieht keine Blitze, und warum leuchten die Bäume nicht mehr? Nein, das Gewitter ist abgezogen. Klarer Fall. Und es war ein sehr kurzes Gewitter.“ „Wenn ich mich recht entsinne, hatte Boris Nikolajewitsch uns eine mächtige Gewitterfront angekündigt.“ „Ja, aber ich weiß genau, wie spät es war.“ Balandin zog die Stirn kraus, weil seine Beine heftig schmerzten, und zuckte mit den Schultern. „Die Rätsel nehmen kein Ende“, sagte er. „Eins jagt das andere.“ Belopolski startete den Motor. Wie immer arbeitete er geräuscharm und ohne zu stottern. Nur an den Geräten konnte man ablesen, daß der mächtige Motor lief; im Innern des Wagens spürte man nicht das geringste Zittern.
Das Gebüsch, das den Weg von beiden Seiten bedrängte, machte auf den ersten Blick einen zerbrechlichen Eindruck. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, daß es stählernen Raupenketten ernsthaften Widerstand leisten könnte. Aber es zeigte sich ein weiteres Mal, wie unklug es ist, die Natur eines anderen Planeten mit irdischen Maßstäben zu messen. Die zerbrechlichen Gewächse waren, wie sich herausstellte, unüberwindlich. Sie krümmten sich zwar unter dem Druck des Geländewagens zusammen, ließen ihn aber keinen Schritt vorwärts kommen. Seine Ketten drehten sich auf der Stelle.
Endlich sah Belopolski ein, daß er den Versuch, hier zu wenden, aufgeben mußte. Es gab nur eins: an den See fahren, der nicht weit sein konnte, und dort am Ufer wenden. Im Rückwärtsgang auf der schmalen gewundenen Schneise zu fahren hätte viel Zeit gekostet. Höchste Eile tat aber not — Balandin mußte so schnell wie möglich an Bord gebracht werden.
„Es bleibt uns nichts anderes übrig, als weiterzufahren …“ „Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen“, sagte Balandin.
„Die Schmerzen sind auszuhalten. Wir führen unsere Exkursion bis zu Ende durch.“ „Leider geht es wirklich nicht anders.“ Das Kettenfahrzeug fuhr weiter. Der Weg wand sich wie zuvor, bald nach rechts, bald nach links. Sie konnten nur im Schneckentempo fahren.
„Ich kann mir nicht vorstellen“, sagte Balandin plötzlich, „wie die Venusmenschen hier die langen Stämme befördern. Möglicherweise werden sie diese senkrecht tragen.“ „Das könnte auch sein.“ „An Bord werden die Genossen nicht wissen, was sie von unserem Schweigen halten sollen. Boris Nikolajewitsch wird sicherlich den anderen Geländewagen ausschicken, um unseren Spuren zu folgen.“ „Außer unserem Wagen kommt kein anderer durch die Schneise“, entgegnete Belopolski. „Sie ist zu schmal.“ Plötzlich glitzerte dicht vor ihnen Wasser. Noch eine kleine Kurve — und der Wagen hatte den Waldrand erreicht. Vor ihnen breitete sich der spiegelglatte Waldsee, das Ziel ihrer Fahrt Das mit dichtem gelbem Gras bewachsene Ufer war an dieser Stelle nicht breiter als dreißig Meter. Nach Osten trat der Wald bedeutend weiter vom Wasser zurück. Ganz nah vor sich erblickten die beiden Männer die rätselhaften Holzstapel. Es waren vier, gleich breit und gleich hoch angelegt, stumme Zeugen dafür, daß ihre Besitzer sich auf lineare Maßeinteilung verstanden. Es war unmöglich, derart viele Baumstämme zufällig so präzise zu stapeln.
So eilig Belopolski es auch hatte — er stoppte unwillkürlich.
Ganz in der Nähe mußten sich die vernunftbegabten Bewohner dieses Planeten aufhalten. Von hier aus zogen sie bei Nacht zum Fluß, um zu unbekanntem Zweck die nächste Ladung Baumstämme zu holen.
Das ist gar kein See. Richtiger gesagt — nicht das, was wir sonst darunter verstehen! hatte Belopolski vor wenigen Stunden zu seinen Genossen gesprochen.
Nun war er mehr denn je von der Richtigkeit dieser Ansicht überzeugt. Dies war kein See. Es war eine Stadt, in der eine große Gruppe der Venusbewohner sich angesiedelt hatte. Die Geschöpfe, deren heimatliches Element das Wasser war, hatten gerade solch ein stehendes Gewässer bevorzugt, weil hierher keine Raubtiere aus dem Ozean dringen konnten. Auf dem riesigen Festland des Planeten gab es zweifellos Hunderte, vielleicht auch Tausende solcher Seestädte. Wer weiß, vielleicht bildeten sie alle gemeinsam einen Staat mit eigenen Gesetzen, eigenen Sitten und einem eigenen Lebensstil, die sich von denen der Erde unterschieden.
Minutenlang musterten die Kosmonauten schweigend den See, gleichsam in der Erwartung, daß plötzlich einer seiner Bewohner an Land stiege.
„Wir fahren zurück!“ sagte Belopolski energisch.