»O Gott«, sagte Smithback. Er war geschockt, doch er dachte immer noch schnell. »Also wurde er in ein Krankenhaus gebracht – und blieb stationär in Krankenhäusern
»Ist ziemlich nahe dran. Sie haben ja selbst seinen Brief veröffentlicht.
Smithback hörte ihn kaum. »Und all diese Jahre dachte Grove, dass er mit dem Mord an seiner Geliebten durchkommen würde. Ihm war nicht bewusst, dass John Vance, ihr Ehemann, hinterher eine Mordserie gestartet hatte. Alle Morde wurden in den Akten als Selbstmorde geführt. Woher sollte Grove das wissen? Also, als er dann dem Ruhestand immer näher kam, als Verbindungsbeamter oder was immer, musste er sich keine großen Sorgen wegen ein paar neuer Morde machen.
Pendergast nickte langsam.
»Das ist reines Gold. Darf ich Sie zitieren – ganz offiziell?«
»Was genau wollen Sie denn zitieren? Ich habe nur Fragen gestellt.«
»Ich brauche eine Quelle.«
»In dem Fall müssen Sie sich damit begnügen, diese als eine ›tiefe Quelle im Hintergrund der Strafverfolgungsbehörden‹ zu bezeichnen.«
»Damit kann ich leben.« Smithback begann, sich zu seiner Tastatur umzuwenden, dann hielt er inne. »Aber warum hat Brokenhearts geglaubt, dass er dadurch für die alten Morde Abbitte leisten kann, dass er noch mehr Menschen tötet?«
»Nur Ronald Vance kann das beantworten – vorausgesetzt, dass er die Antwort kennt. Wer kann schon wissen, was in diesen zehn Jahren, in denen er hospitalisiert war, in diesem beschädigten, gequälten Geist vor sich gegangen ist. Doch eines ist klar: Er wollte nicht, dass seine jüngsten Opfer mehr als nötig leiden. Sein einziges Interesse bestand darin, dass er etwas wiedergutmacht mit seinen … Geschenken.«
»Richtig.« Smithback legte die Finger wieder auf die Tastatur, dann hielt er erneut inne. »Hm, bitte verstehen Sie das nicht falsch, aber warum helfen Sie mir?«
Pendergast zupfte die ohnehin perfekt sitzenden Manschetten seines Hemds zurecht. »Ich bin aus New Orleans, und wir neigen dort zu abergläubischen Vorstellungen. Ihr Bruder Bill war ein Freund von mir. Ich habe das unabweisbare Gefühl, dass, wenn ich Ihnen bei dieser Geschichte nicht helfen würde, sein Schatten meinen Seelenfrieden stören könnte.«
»Was? Aber Sie haben wohl recht.« Und damit begann Smithback, schnell zu tippen, alles niederzuschreiben. Nach einer Minute wurde das Getippe langsamer. »Ey, nur noch eine Frage. Das erklärt allerdings nicht, wie es Commander Grove gelungen ist, Sie beide in die Sümpfe zu locken …«
Doch als er sich umwandte, sah er nur den halb leeren Newsroom und seine Kollegen, die über den eigenen Bildschirmen hockten. Es war, als wäre Pendergast überhaupt nicht da gewesen.
Über Douglas Preston / Lincoln Child
Douglas Preston, geboren 1956, studierte zunächst Naturwissenschaften und später Englische Literatur. Nach dem Examen startete er seine Karriere beim »American Museum of Natural History« in New York. Eines Nachts, als Preston seinen Freund Lincoln Child, geboren 1957, auf eine mitternächtliche Führung durchs Museum einlud, entstand dort die Idee zu ihrem ersten gemeinsamen Thriller,
Impressum
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Verses for the Dead« bei Grand Central Publishing, New York.
© 2019 der eBook-Ausgabe Knaur eBook
© 2018 by Splendide Mendax, Inc. and Lincoln Child
© 2019 der deutschsprachigen Ausgabe Knaur Verlag
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Redaktion: Ralf Reiter
Abbildung im Innenteil: Dirk Ercken / Shutterstock.com
Covergestaltung: Carolin Liepins
Coverabbildung: © PixxWerk®, München unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com
ISBN 978-3-426-45505-0
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