»Den Grimm, mein Lieber, den Grimm!«, rief Professor Trelawney, die schockiert Schien, weil Harry es nicht begriffen hatte.»Der riesige Gespensterhund, der in Kirchhöfen umherspukt! Mein lieber Junge, das ist ein Omen – das schlimmste Omen – des Todes!«
Harrys Magen krampfte sich zusammen. Dieser Hund auf dem Umschlag von Omen des Todes bei Flourish amp;Blotts – der Hund im Schatten des Magnolienrings… auch Lavender Brown schlug jetzt die Hände vor den Mund. Alle sahen Harry an; alle außer Hermine, die aufgestanden und hinter den Sessel von Professor Trelawney getreten war.
»Mir kommt das nicht wie ein Grimm vor«, sagte sie gleichmütig.
Professor Trelawney musterte Hermine mit wachsender Abneigung.
»Verzeih mir, daß ich es dir sage, meine Liebe, aber ich nehme sehr wenig Aura um dich herum wahr. Sehr wenig Empfänglichkeit für die Schwingungen der Zukunft.«
Seamus Finnigan wiegte den Kopf mal auf die eine, mal auf die andere Seite.
»Wenn man so macht, sieht's aus wie ein Grimm«, sagte er, die Augen fast geschlossen,»aber so gesehen ist es eher ein Esel«, sagte er, den Kopf nach links neigend.
»Wann habt ihr endlich rausgefunden, ob ich sterbe oder nicht!«, rief Harry, sogar zu seiner eigenen Überraschung. Daraufhin wollte ihn offenbar keiner mehr ansehen.
»Ich denke, wir werden den Unterricht für heute beenden«, sagte Professor Trelawney mit ihrer rauchigsten Stimme.»ja… bitte räumt eure Sachen auf…«
Schweigend brachte die Klasse die Teetassen zu Professor Trelawney zurück, packte die Bücher ein und schloß die Taschen. Selbst Ron mied Harrys Blick.
»Bis zum nächsten Mal«, sagte Professor Trelawney matt,»möge das Glück mit euch sein. Ach, und, mein Lieber -«, sie deutete auf Neville,»du wirst das nächste Mal zu spät kommen, also arbeite besonders fleißig, damit du den Stoff aufholst.«
Harry, Ron und Hermine kletterten schweigend Professor Trelawneys Leiter und die enge Wendeltreppe hinunter und machten sich auf den Weg zur Verwandlungsstunde bei Professor McGonagall. Sie brauchten so lange, um ihr Klassenzimmer zu finden, daß sie, obwohl sie früh aus Wahrsagen gekommen waren, fast zu spät kamen.
Harry entschied sich für einen Platz ganz hinten, weil er sich fühlte, als würde ihn ein sehr heller Scheinwerfer anstrahlen; die anderen in der Klasse warfen ihm unablässig flüchtige Blicke zu, als ob er jeden Moment tot umfallen würde. Er hörte kaum, was Professor McGonagall ihnen über Animagi erzählte (Zauberer, die sich nach Belieben in Tiere verwandeln konnten), und sah nicht einmal hin, als sie sich vor ihren Augen in eine getigerte Katze mit Brillenringen um die Augen verwandelte.
»Sagt mal, was ist denn heute in euch gefahren?«, sagte Professor McGonagall, verwandelte sich mit einem leisen Plop in sich selbst zurück und musterte sie reihum.»Nicht daß es mir was ausmachen würde, aber das ist die erste meiner Verwandlungen, bei der ich keinen Beifall von der Klasse bekomme.«
Alle Köpfe wandten sich wieder Harry zu, doch niemand sagte ein Wort. Dann hob Hermine die Hand.
»Bitte, Professor, wir haben eben unsere erste Stunde Wahrsagen gehabt und wir haben Teeblätter gedeutet und -«
»Aah, natürlich«, sagte Professor McGonagall, nun plötzlich die Stirn runzelnd.»Sie brauchen mir gar nichts weiter zu erklären, Miss Granger. Und, wer von Ihnen wird dieses Jahr sterben?«
Alle starrten sie an.
»Ich«, sagte Harry schließlich.
»Verstehe«, sagte Professor McGonagall und fixierte Harry mit ihren Perlenaugen.»Dann sollten Sie wissen, Potter, daß Sibyll Trelawney, seit sie an dieser Schule ist Jahr für Jahr den Tod eines Schülers vorausgesagt hat. Keiner davon ist bislang gestorben. Todesomen zu sehen ist ihre bevorzugte Art, eine neue Klasse willkommen zu heißen. Ich spreche eigentlich nie schlecht über Kollegen, aber.».«
Professor McGonagall verstummte mit aufgeblähten Nasenflügeln. Etwas ruhiger fuhr sie fort.
»Wahrsagen ist einer der ungenauesten Zweige der Magie. Ich möchte Ihnen nicht verheimlichen, daß ich mich nicht weiter damit abgebe. Wahre Seher sind sehr selten, und Professor Trelawney -«
Wieder verstummte sie und sagte dann in nüchternem Ton:
»Sie scheinen mir bei bester Gesundheit zu sein, Potter, also werden Sie mir verzeihen, wenn ich Ihnen trotz allem Hausaufgaben gebe. Wenn Sie Sterben, brauchen Sie die Arbeit nicht abzugeben, das versichere ich Ihnen.«
Hermine lachte. Harry fühlte sich etwas wohler. Fern vom roten Dämmerlicht und den benebelnden Düften in Professor Trelawneys Klassenzimmer wurde ihm nicht so schnell angst und bange. Jedoch nicht alle waren überzeugt; Ron sah immer noch besorgt aus und Lavender flüsterte:»Aber was ist mit Nevilles Untertasse?«
Nach der Verwandlungsstunde schlossen sie sich der vielköpfigen Schar an, die lachend und schwatzend zum Mittagessen in die Große Halle strömte.
»Kopf hoch, Ron«, sagte Hermine und schob ihm einen Teller Fleischeintopf zu.»Du hast doch gehört, was Professor McGonagall gesagt hat.«