Читаем 1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte полностью

Am 30. Juli gibt es aus Deutschland zwei entgegengesetzte Impulse. General von Moltke, Chef des deutschen Generalstabs, sieht die militärische Gefahr, die aus dieser Krise für das Deutsche Reich erwachsen kann. Wenn es zum Kriege kommen und Rußland plus Frankreich auf der Seite Serbiens kämpfen sollten, wäre es für Deutschland überlebenswichtig, daß die österreichisch-ungarische Armee kriegsbereit ist und die Russen bindet. So drängt von Moltke seinen österreichischen Kameraden, General von Hötzendorf, aus rein militärischen Erwägungen, die Allgemeine Mobilmachung der Truppen Österreich-Ungarns zu beschleunigen. Am gleichen Tag rät Kanzler Bethmann Hollweg dem

österreichischen Außenminister Graf Berchtold dringend, vom Krieg mit Serbien abzulassen. Und auch an diesem Tag versucht Kaiser Wilhelm II. ein weiteres Mal, seinen Vetter Zar Nikolaj II. vom Kriege abzubringen. Er bittet ihn eindringlich, die Teilmobilmachung vom Vortag zurückzunehmen. Der Zar lenkt zunächst ein, fügt sich dann aber doch dem Druck seines Außenministers und der Kriegspartei im eigenen Lande. Nun macht Rußland sogar total mobil, das heißt, auch gegenüber Deutschland. Jetzt versucht die deutsche Seite es noch einmal mit härteren Bandagen. Am 31. Juli läßt Kaiser Wilhelm II. in Sankt Petersburg ein Ultimatum überreichen, mit dem die russische Regierung aufgefordert wird, die Mobilmachungsbefehle binnen zwölf Stunden zurückzuziehen, anderenfalls – so heißt es in der Note – sei der Kriegszustand zwischen Deutschland und Rußland unvermeidlich. Die russische Regierung geht darauf nicht mehr ein. Sie hat den Angriff ihrer Truppen gegen Deutschland offensichtlich bereits angeordnet. Am 1. August um 19 Uhr, nach Ablauf des Ultimatums, überreicht der deutsche Botschafter in Petersburg die deutsche Kriegserklärung45 und zeitgleich überschreiten die ersten russischen Kavallerie-verbände die deutsche Grenze.

Die Entfernung zwischen Petersburg und der deutsch-russischen Grenze in Ostpreußen und der Dienstweg zwischen dem Hof des Zaren und den russischen Schwadronschefs in ihren Aufmarschräumen an der Grenze sind – vor allem damals – viel zu weit, als daß ein Angriffsbefehl binnen einer oder auch nur weniger Stunden von da nach dort hätte durchgegeben werden können. Der Befehl zum Angriff und damit zur Kriegseröffnung gegen das noch immer abwartende Deutschland ist in Sankt Petersburg ohne jeden Zweifel schon vor der deutschen Kriegserklärung erlassen worden. Damit hat Rußland mit dem Krieg begonnen, und Deutschland hat ihn zuerst erklärt. In Versailles, vier Jahre später, werden die deutschen Kriegserklärungen als wesentlicher Teil der deutschen Allein-kriegsschuld gewertet. So darf es nicht wundern, daß Hitler 1939 daraus die Lehre zieht und eine Kriegserklärung unterläßt.

Der 30. Juli ist ein schicksalsschwerer Tag gewesen. Kaiser Wilhelm II. versäumt es, an jenem Krisentag die Tätigkeiten von Kabinett und Militär zu bündeln und den Chef des Generalstabs auf seine Friedens-Linie festzulegen. Doch der Gene-45 Ploetz, Volksausgabe, Seite 387


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ralstabschef Graf Moltke, der hier ohne Weisung seines Kaisers handelt, schätzt die Entscheidungen am Zarenhofe richtig ein. Daß die Zuspitzung zwischen Österreich und Rußland an diesem 30. Juli ohne das Drängen Moltkes bei Hötzendorf unterblieben wäre, ist im nachherein weder zu beweisen noch zu widerlegen. Die Würfel für den Krieg sind am Hof des Zaren politisch offensichtlich schon gefallen.

Mit dieser am 1. August 1914 so plötzlich eingetretenen Entwicklung steht Deutschland unversehens vor der Gefahr, zwischen zwei Fronten zu geraten. Die zwei großen Nachbarn im Osten und im Westen sind seit 1894 vertraglich gegen das Deutsche Reich verbunden. Ein Krieg nach zwei Seiten ist für Deutschland eine existentielle Bedrohung, zumal da Deutschland zu der Zeit noch immer nicht mobilgemacht hat. Die Reichsregierung fragt deshalb noch am 31. Juli in Paris an, wie Frankreich gedächte, sich in einer russisch-deutschen Auseinandersetzung zu verhalten. Die französische Regierung hält die deutsche hin und antwortet vieldeutig: „man werde den französischen Interessen entsprechend handeln“46. Das kann Frieden heißen oder Krieg um Elsaß-Lothringen. Paris weicht dem offenkundigen deutschen Wunsch nach weiterem Frieden zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich aus und bereitet sich statt dessen auf den Krieg mit Deutschland vor. Die französische Regierung ordnet am 1. August die Mobilmachung der Streitkräfte an.

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