Weshalb hatte man sie auf den Mars gebracht? Die Antwort drängte sich von selbst auf. Es war ein wissenschaftliches Experiment gewesen. Man hatte feststellen wollen, ob sich Tiere auf dem Mars akklimatisieren könnten. Offenbar hatten sich die Wissenschaftler des Phaeton dafür interessiert. Ihnen selbst waren die Ergebnisse unbekannt geblieben, doch Melnikow wußte, daß das Experiment gelungen war. Mit eigenen Augen hatte er die Nachkommen der Tiere gesehen, die sich auf dem fremden Planeten fleißig vermehrt hatten.
Welch eine Sensation für die Biologen! dachte er.
Der Zeit nach zu urteilen, die das Vorführen der Bilder vom Marsaufenthalt beanspruchte, waren die Phaetonen nicht lange dort gewesen. Die beiden Menschen sahen nur noch, wie sie mit Hilfe merkwürdiger Maschinen ein Denkmal errichteten: einen riesigen Dodekaeder auf einem Granitsockel. Schwerlich würden sich die Mitglieder von Jenkins‘ Expedition, wenn sie diesen steinernen Zeugen entdeckten, den Ursprung erklären können.
Danach erschien wieder das Schema. Das ringförmige Raumschiff flog zur Erde.
Melnikow hoffte, sie würden einen Blick in die ferne Vergangenheit ihres Heimatplaneten tun können. Doch es gab eine Enttäuschung. Die Phaetonen hielten es nicht für nötig, die Erde zu zeigen. Vielleicht hatten sie gewußt, daß es Menschen der Erde sein würden, die in der Zukunft ihr Raumschiff besuchten.
Erneut war das Schema zu sehen. Das Raumschiff verließ die Erde und steuerte auf einen der Asteroiden zu.
Melnikow und Wtorow bot sich ein ebenso wüster Anblick wie auf der Arsena: ein Chaos aus Felsen, Abgründen und Schluchten.
Auf dem zweiten Asteroiden sah es nicht anders aus. Die Phaetonen waren aber offensichtlich weder auf dem ersten noch auf dem zweiten gelandet. Sie hatten die Aufnahmen während des Fluges von Bord des Raumschiffes aus gemacht.
Doch dann erschien auf der „Leinwand“ der ihnen wohlbekannte runde Talkessel der Arsena. Diesmal landeten die Phaetonen und verließen ihr Raumschiff. Wieder tauchten eigenartige, komplizierte Maschinen auf. Sie brachen Felsen, schliffen sie glatt und stellten sie auf künstlich geebnetem Grund auf.
Die Maschinen arbeiteten augenscheinlich selbständig, denn keiner der Phaetonen hielt sich in ihrer Nähe auf. Es entstand ein merkwürdiges Bauwerk: ein riesiges Quadrat mit granitenen Darstellungen der Körper eines einfachen kubischen Systems.
Weshalb hatte man sie auf dem wüsten, unbewohnten Asteroiden aufgestellt? Auch auf diese Frage gab der „Film“ Antwort. Unter den Granitfiguren wurden Metallbehälter eingemauert.
So bestätigte sich die von Belopolski gleich nach dem Start von der Arsena ausgesprochene Hypothese vollauf. Auf dem Bruchstück des Phaeton war ein ungeheurer wissenschaftlicher Schatz für die Menschen hinterlassen worden. Unter den vorläufig noch unverständlichen symbolischen Figuren lagen seit Jahrtausenden die Dokumente des wissenschaftlichen und technischen Wissens einer untergegangenen Welt verborgen. Sie galt es zu finden, zutage zu fördern und auszuwerten. Da die Phaetonen nicht gewußt hatten, was sie auf der Venus erwartete, hatten sie ihr Archiv auf der Arsena deponiert.
Einen besseren Safe hätte man schwerlich finden können, dachte Melnikow.
Dann erblickten die beiden Männer die Landschaft der Venus.
Sie sahen acht junge Phaetonen aus dem ringförmigen Raumschiff, das am Ufer desselben Sees lag, an dem jetzt die „SSSRKS 3“ ankerte, aussteigen — alle in Raumanzügen. Ein Beweis dafür, daß die Venusluft für sie ebenso unverträglich war wie für den Erdenmenschen.
Den Wald, der jetzt das Raumschiff umschloß, hatte es damals noch nicht gegeben. Vom See bis zu den Bergen erstreckte sich eine mit dichtem und hohem gelbbraunem Gras bedeckte Ebene.
Das Raumschiff der Phaetonen blieb sehr lange an ein und derselben Stelle der Venus liegen. Das konnte man an den Gesichtern der Besatzung erkennen, die immer älter wurden. Die Phaetonen bereisten den Planeten mit ihren merkwürdigen Fahrzeugen, die halb wie ein Auto, halb wie ein Flugzeug aussahen.
Melnikow und Wtorow erlebten mit, wie das erste Mitglied der fremden Besatzung starb, und wohnten seiner Bestattung bei. Und wieder enthüllte sich ihnen ein Geheimnis. Der Körper des Toten wurde in eine steinerne Schale gelegt, eine Flamme loderte auf und verzehrte den Leichnam restlos. Die Leichen der anderen wurden später auf die gleiche Weise bestattet.
Die Zahl der Phaetonen nahm ab. Nach jeder Bestattungszeremonie erlosch die Flamme in der Schale wieder. Sie wurde gelöscht, aber wie, zeigte man den beiden Menschen nicht. Nun war auch klar, weshalb die Flamme im Raumschiff immer noch brannte. Es war schließlich niemand mehr dagewesen, sie zu loschen. Der letzte Phaetone hatte sich selbst verbrannt.
Seine Grabesflamme hatte sie an der Schwelle des Raumschiffes als Ewiges Licht begrüßt — Symbol ewig lebendigen Geistes!
Der größere Teil des „Films“ war der Venus gewidmet. Eines ihrer Rätsel nach dem anderen wurde gelöst.