»Der dunkle Lord und ich«, sagte Moody, und wie er über Harry aufragte und schräg grinsend auf ihn hinabstarrte, nahm sein Gesicht die Züge abgrundtiefen Wahnsinns an,»der dunkle Lord und ich haben viel miteinander gemein. So hatten wir beide sehr enttäuschende Väter… wirklich sehr enttäuschend. Wir beide litten unter der Schmach, nach diesen Vätern benannt zu werden. Und wir beide hatten auch das Vergnügen… das ungeheure Vergnügen… unsere Väter zu töten, um den weiteren Aufstieg des Schwarzen Ordens zu sichern!«
»Sie sind wahnsinnig«, sagte Harry – und es brach aus ihm hervor -»Sie sind wahnsinnig!«
»Wahnsinnig bin ich?«, sagte Moody mit jähzornig lauter Stimme.»Wir werden ja sehen! Wir werden sehen, wer wahnsinnig ist, nun, da der dunkle Lord zurückgekehrt ist, mit mir an seiner Seite! Er ist zurück, Harry Potter, du hast ihn nicht besiegt – und nun – besiege ich dich!«
Moody hob den Zauberstab, öffnete den Mund, Harry schob rasch die Hand in den Umhang -
»Stupor!«Ein blendend roter Lichtblitz flammte durchs Zimmer und unter lautem Splittern und Krachen zerbarst die Tür von Moodys Büro -
Moody schmetterte es rücklings auf den Fußboden. Harry, der immer noch auf die Stelle starrte, wo Moodys Gesicht gewesen war, sah jetzt, daß ihm aus dem Feindglas heraus Albus Dumbledore, Professor Snape und Professor McGonagall entgegenblickten. Er wandte sich um und sah die drei im Türrahmen stehen, Dumbledore mit ausgestrecktem Zauberstab an der Spitze.
In diesem Augenblick verstand Harry zum ersten Mal wirklich, warum es hieß, Dumbledore sei der einzige Zauberer, den Voldemort je gefürchtet habe. Der Ausdruck auf Dumbledores Gesicht, als er auf die bewußtlose Gestalt Mad-Eye Moodys hinabblickte, war schrecklicher, als Harry es sich je hätte vorstellen können. Kein gütiges Lächeln war zu sehen, kein Funkeln in den Augen hinter der Brille. In jeder Furche seines alten Gesichts stand die kalte Wut geschrieben; die Macht, die von Dumbledore ausging, war körperlich zu spüren, als strahlte er sengende Hitze ab.
Er trat ins Büro, schob einen Fuß unter den wie leblos daliegenden Moody und stieß ihn auf den Rücken, so daß sein Gesicht zu sehen war. Snape folgte ihm und blickte in das Feindglas, wo er sein eigenes Antlitz sehen konnte, das finster ins Zimmer spähte.
Professor McGonagall ging geradewegs auf Harry zu.
»Kommen Sie mit, Potter«, flüsterte sie. Die schmale Linie ihres Mundes zuckte, als würde sie gleich losweinen.»Kommen Sie mit… Krankenflügel…«
»Nein«, sagte Dumbledore scharf.
»Dumbledore, er sollte – schauen Sie ihn doch an – er hat heute Abend genug durchgemacht -«
»Er bleibt hier, Minerva, weil er verstehen muß«, sagte Dumbledore knapp.»Verstehen ist der erste Schritt, um etwas anzunehmen, und nur wenn er es angenommen hat, kann er sich erholen. Er muß wissen, wer ihm diese Qualen auferlegt hat, die er heute durchlitten hat, und warum.«
»Moody«, sagte Harry. Noch immer konnte er es nicht glauben.»Wie kann es denn Moody gewesen sein?«
»Dies ist nicht Alastor Moody«, sagte Dumbledore leise.»Du hast Alastor Moody nie kennen gelernt. Der wahre Moody hätte dich nicht aus meiner Nähe verschleppt, nach allem, was heute Abend geschehen ist. In dem Moment, da er dich mitnahm, ging mir ein Licht auf – und ich bin ihm gefolgt.«
Dumbledore beugte sich über den erschlafft daliegenden Moody und schob die Hand in seinen Umhang. Er zog Moodys Flachmann und ein Schlüsselbund hervor. Dann wandte er sich an Professor McGonagall und Snape.
»Severus, bitte besorgen Sie mir das stärkste Wahrheitselixier, das Sie haben, und dann gehen Sie hinunter in die Küche und bringen eine Hauselfe namens Winky hier hoch. Minerva, seien Sie so freundlich und gehen Sie hinunter zu Hagrids Haus, wo Sie einen großen schwarzen Hund im Kürbisbeet sitzen sehen werden. Bringen Sie den Hund hoch in mein Büro, sagen Sie ihm, ich werde in Kürze bei ihm sein, und dann kommen Sie zurück.«
Snape oder McGonagall mochten diese Anweisungen merkwürdig finden, sie verbargen ihre Verwunderung jedenfalls gut. Sie wandten sich unverzüglich um und verließen das Büro. Dumbledore ging hinüber zu dem großen Koffer mit den sieben Schlössern, steckte den ersten Schlüssel in eines der Schlüssellöcher und öffnete den Deckel. Der Koffer enthielt einen Haufen Zauberbücher. Dumbledore schloß den Deckel, steckte den zweiten Schlüssel ins zweite Loch und öffnete den Koffer erneut. Die Zauberbücher waren verschwunden; diesmal kamen eine Reihe kaputter Spickoskope zum Vorschein, ein paar Pergamentblätter und Federkiele und etwas, das ganz nach einem silbrig schimmernden Tarnurnhang aussah. Harry sah verdutzt zu, wie Dumbledore den dritten, vierten, fünften und sechsten Schlüssel in die zugehörigen Schlösser steckte, den Koffer jedes Mal erneut öffnete und immer etwas anderes zum Vorschein brachte. Dann steckte er den siebten Schlüssel ins Schloß, schlug den Deckel auf, und Harry schrie vor Entsetzen.