»Ich möchte, daß Sie uns erzählen, wie Sie hierher gekommen sind«, sagte Dumbledore leise.»Wie sind Sie aus Askaban entkommen?«
Crouch holte tief und bebend Luft, dann begann er mit matter, ausdrucksloser Stimme zu sprechen.»Meine Mutter hat mich gerettet. Sie wußte, daß sie todkrank war. Sie hat meinen Vater überredet, ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen und mich zu retten. Er liebte sie, wie er mich nie geliebt hatte. Er willigte ein. Sie kamen mich besuchen. Sie gaben mir einen Schluck Vielsaft-Trank, der ein Haar meiner Mutter enthielt. Sie nahm einen Schluck Vielsaft-Trank mit einem Haar von mir. Und so nahmen wir die Gestalt des jeweils anderen an.«
Die zitternde Winky schüttelte den Kopf.»Reden Sie nicht weiter, Meister Barty, reden Sie nicht weiter, Sie machen Ihrem Vater noch Ärger!«
Doch Crouch holte erneut tief Luft und fuhr mit derselben matten Stimme fort:»Die Dementoren sind blind. Sie spürten, wie ein gesunder und ein sterbender Mensch in die Mauern von Askaban kamen. Und sie spürten, daß ein gesunder und ein sterbender Mensch Askaban wieder verließen. Mein Vater schmuggelte mich hinaus, ich hatte die Gestalt meiner Mutter angenommen für den Fall, daß uns ein Gefangener durch die Gitter seiner Zellentür beobachtete.
Meine Mutter starb kurz danach in Askaban. Sie achtete sorgfältig darauf, bis zum Ende regelmäßig den Vielsaft-Trank einzunehmen. Sie wurde unter meinem Namen und in meiner Gestalt begraben. Alle glaubten, sie sei ich.«
Die Lider des Mannes zuckten.
»Und was tat Ihr Vater mit Ihnen, als er Sie bei sich zu Hause hatte?«, fragte Dumbledore leise.
»Er tat so, als wäre meine Mutter gestorben. Ein stilles Begräbnis im kleinsten Kreis. Das Grab ist leer. Die Hauselfe hatte mich wieder aufgepäppelt. Dann mußte mein Vater mich verstecken. Er mußte mich überwachen. Er mußte mich mit einigen Flüchen belegen, um mich gefügig zu machen. Als ich meine Kräfte wiedergewonnen hatte, dachte ich nur noch daran, meinen Herrn zu suchen… und wieder in seine Dienste zu treten.«
»Wie hat Ihr Vater Sie gefügig gemacht?«, fragte Dumbledore weiter.
»Mit dem Imperius-Fluch«, sagte Crouch.»Ich stand unter der Herrschaft meines Vaters. Er zwang mich, Tag und Nacht den Tarnurnhang zu tragen. Ich war immer mit der Hauselfe zusammen. Sie war meine Wärterin und meine Pflegerin. Sie hatte Mitleid mit mir. Sie überredete meinen Vater, mir hin und wieder etwas Gutes zu tun. Als Belohnung für mein gutes Betragen.«
»Meister Barty, Meister Barty«, schluchzte die Hauselfe durch ihre Hände.»Sie dürfen es denen nie nicht sagen, wir kriegen Ärger…«
»Hat irgend jemand einmal entdeckt, daß Sie noch am Leben waren?«, fragte Dumbledore leise.»Wußte es jemand, außer Ihrem Vater und der Hauselfe?«
»Ja«, sagte Crouch und wieder zuckten seine Augenlider.»Eine Hexe im Büro meines Vaters. Bertha Jorkins. Sie kam eines Tages mit Papieren zu uns, die mein Vater unterschreiben sollte. Er war noch nicht zu Hause. Winky ließ sie eintreten und kam dann zu mir in die Küche zurück. Aber Bertha Jorkins hörte, daß Winky mit mir redete. Sie lauschte an der Tür und hörte genug, um zu erraten, wer sich unter dem Tarnurnhang verbarg. Dann kam mein Vater heim. Sie sagte ihm freimütig, was sie entdeckt hatte. Er belegte sie mit einem sehr starken Gedächtniszauber, damit sie es vergaß. Der Zauber war zu stark. Mein Vater glaubte, er habe ihr Gedächtnis auf Dauer geschädigt.«
»Warum kommt sie auch und schnüffelt bei meinem Meister rum?«, schluchzte Winky.»Warum läßt sie uns nicht in Ruhe?«
»Erzählen Sie mir, was sich bei der Quidditch-Weltmeister-schaft abgespielt hat«, sagte Dumbledore.
»Winky hatte meinen Vater dazu überredet«, sagte Crouch, weiterhin mit gleichförmiger Stimme.»Dazu hatte sie Monate gebraucht. Ich hatte das Haus jahrelang nicht verlassen. Quidditch hatte ich immer geliebt. ›Lassen Sie ihn gehen‹, sagte sie. ›Er ist ja unter dem Tarnurnhang. Er kann doch zusehen. Lassen Sie ihn doch einmal frische Luft schnappen.‹ Sie sagte, meine Mutter hätte es so gewollt. Meine Mutter sei gestorben, um mir die Freiheit zu schenken. Sie habe mich nicht gerettet, damit ich für den Rest meines Lebens eingesperrt bleiben müßte. Schließlich sagte er ja.
Alles war sorgfältig geplant. Mein Vater führte mich und Winky schon früh am Morgen nach oben in die Ehrenloge. Winky sollte sagen, sie würde einen Platz für meinen Vater besetzen. Ich sollte neben ihr sitzen, unsichtbar. Wir sollten warten, bis alle fort waren, und dann das Stadion verlassen. Keiner würde es je erfahren.