»Du hast immer noch das Fest«, sagte Ron, um Harry aufzumuntern.»Du weißt doch, das Festessen am Abend von Halloween.«
»Jaah«, sagte Harry trübselig,»großartig.«
Das Festessen an Halloween war immer gut, doch es würde noch viel besser schmecken, wenn er an diesem Abend zusammen mit den andern und hungrig aus Hogsmeade zurückkehren würde. Keiner konnte ihn trösten. Dean Thomas, der gut mit der Feder umgehen konnte, bot ihm an, Onkel Vernons Unterschrift auf dem Formblatt zu fälschen, doch da Harry Professor McGonagall bereits gesagt hatte, daß Onkel Vernon nicht unterschrieben hatte, nutzte das auch nichts. Ron schlug selbst nicht ganz überzeugt vor, den Tarnumhang zu nehmen, doch Hermine wollte nichts davon hören und erinnerte Ron daran, daß Dumbledore ihnen gesagt hatte, die Dementoren könnten sehen, wer darunter sei. Von Percy schließlich kamen wohl die am wenigsten tröstenden Trostworte.
»Sie machen immer diesen Aufstand wegen Hogsmeade, aber glaub mir, Harry, so toll ist es auch wieder nicht«, sagte er ernsthaft.»Gut und schön, der Süßigkeitenladen ist ziemlich gut, und Zonkos Scherzartikelladen ist schlichtweg gefährlich, und ja, die Heulende Hütte lohnt immer einen Besuch, aber abgesehen davon, Harry, entgeht dir nichts.«
Am Morgen von Halloween wachte Harry mit den andern auf und ging hinunter zum Frühstück. Er fühlte sich ganz elend, tat aber sein Bestes, um das zu verbergen.
»Wir bringen dir eine Menge Süßigkeiten aus dem Honigtopf mit«, sagte Hermine und sah ihn mit tiefem Mitgefühl an.
»Ja, ganze Wagenladungen«, sagte Ron. Er und Hermine hatten angesichts von Harrys Verzweiflung endlich ihren Streit wegen Krummbein vergessen.
»Macht euch keine Sorgen um mich«, sagte Harry in bemüht lässigem Ton,»wir treffen uns dann beim Essen. Viel Spaß.«
Er begleitete sie zur Eingangshalle, wo Filch, der Hausmeister, am Portal stand und die Namen auf einer langen Liste abhakte, wobei er mißtrauisch jedes Gesicht musterte und aufpaßte, daß keiner sich hinausschlich, der nicht mitdurfte.
»Du bleibst hier, Potter?«, rief Malfoy, der mit Crabbe und Goyle in der Schlange stand.»Hast Bammel vor den Dementoren draußen?«
Harry überhörte ihn und machte sich auf den einsamen Weg die Marmortreppe hoch und die ausgestorbenen Korridore entlang zurück in den Turm der Gryffindors.
Die fette Dame schreckte aus ihrem Nickerchen hoch.»Paßwort?«, fragte sie.
»Fortuna Major«, sagte Harry gelangweilt.
Das Porträt klappte zur Seite und er kletterte durch das Loch in den Gemeinschaftsraum. Er war voller schnatternder Erst- und Zweitkläßler und ein paar älterer Schüler, die Hogsmeade offenbar so häufig besucht hatten, daß es ihnen nichts mehr zu bieten hatte.
»Harry! Harry! Hallo, Harry!«
Das war Colin Creevey, ein Zweitkläßler, der immer ganz ehrfürchtig bei Harrys Anblick wurde und nie eine Gelegenheit ausließ, ihn anzusprechen.
»Gehst du nicht nach Hogsmeade, Harry? Warum nicht? Hallo -«, Colin sah sich begeistert nach seinen Freunden um,»du kannst dich zu uns setzen, wenn du willst, Harry!«
»Ähm – nein danke, Colin«, sagte Harry, der nicht in der Stimmung war, einen Haufen Leute auf seine Stirnnarbe glotzen zu lassen,»ich muß in die Bücherei und was arbeiten.«
Danach blieb ihm nichts anderes übrig als umzukehren und wieder durch das Porträtloch zu steigen.
»Wozu hast du mich eigentlich aufgeweckt?«, rief ihm die fette Dame unwirsch hinterher.
Harry schlurfte lustlos in Richtung Bücherei, doch auf halbem Weg besann er sich anders; ihm war nicht nach Arbeit zumute. Er machte kehrt und plötzlich sah er sich Filch gegenüber, der wohl gerade die letzten Ausflügler nach Hogsmeade aus dem Schloß gelassen hatte.
»Was treibst du?«, raunzte Filch mißtrauisch.
»Nichts«, sagte Harry wahrheitsgemäß.
»Nichts«, fauchte Filch und sein Unterkiefer vibrierte Unheil verkündend.»Fabelhafte Ausrede! Schleichst alleine hier rum, warum bist du denn nicht in Hogsmeade und kaufst Stinkbomben und Rülpspulver und Pfeifende Würmer wie deine frechen kleinen Freunde?«
Harry zuckte die Schultern.
»Also zurück jetzt in deinen Gemeinschaftsraum, wo du hingehörst!«, bellte Filch ihn an und wartete mit zornigem Blick, bis Harry außer Sicht war.
Doch Harry ging nicht zurück in den Gemeinschaftsraum; mit der vagen Absicht, Hedwig in der Eulerei zu besuchen, stieg er eine Treppe hoch und lief den Korridor entlang. Plötzlich hörte er eine Stimme aus einem der Räume:»Harry?«
Harry ging rasch zurück, um zu sehen, wer es war, und traf auf Professor Lupin, der sich aus seiner Bürotür beugte.
»Was treibst du denn?«, fragte Lupin, allerdings in ganz anderem Ton als Filch.»Wo sind Ron und Hermine?«
»Hogsmeade«, sagte Harry bemüht beiläufig.
»Ah«, sagte Lupin. Er musterte Harry einen Moment lang.»Warum kommst du nicht rein? Gerade wurde ein Grindeloh für unsere nächste Stunde geliefert.«
»Ein was?«, fragte Harry.