Der Wasserspeier wurde lebendig und sprang zur Seite, die Wand hinter ihm teilte sich in zwei Hälften und enthüllte eine steinerne Treppe, die sich kontinuierlich aufwärts bewegte, wie ein spiralförmiger Aufzug. Die drei betraten die sich bewegenden Stufen; die Wand schloss sich hinter ihnen mit einem dumpfen Schlag und sie bewegten sich in engen Windungen aufwärts bis sie die auf Hochglanz polierte Eichentür mit dem als Greif gestalteten Messingtürklopfer erreichten.
Obgleich es schon weit nach Mitternacht war, konnte man aus dem Raum ein munteres Geplapper von Stimmen hören,.
Es klang, als ob Dumbledore mindestens ein Dutzend Leute kurzweilig unterhielt.
Professor McGonnagall klopfte dreimal mit dem Messingtürklopfer in Form eines Greifs und die Stimmen verstummten schlagartig, so als habe jemand den Ton abgeschaltet. Die Tür öffnete sich von allein und Professor McGonagall führte Harry und Ron hinein.
Der Raum lag im Halbdunkel, die fremdartigen, auf Tischen stehenden, silbernen Apparate waren leise, oder eher schwirrend und stießen kleine Rauchwölkchen aus – wie sie das normalerweise taten. Die alten Schulleiter und Schulleiterinnen von Hogwarts, deren Portraits die Wände bedeckten, dösten in den Rahmen vor sich hin. Hinter der Tür schlief ein prächtiger rot und goldfarbener Vogel in der Größe eines Schwans in seinem Käfig, den Kopf unter den Flügel gesteckt.
»Oh, Sie sind es, Professor McGonagall… und… aha.«
Dumbledore saß in einem hochlehnigen Stuhl hinter seinem Schreibtisch. Er lehnte sich in vor und rückte so näher in den Schein des Kerzenlichts, das die Papiere beschien, die vor ihm lagen. Er trug einen prachtvoll bestickten, gold und purpurfarbenen Morgenmantel über einem schneeweißen Nachthemd, machte jedoch einen sehr wachen Eindruck.
Seine durchdringenden, hellen blauen Augen musterten aufmerksam Professor McGonagall.
»Professor Dumbledore, Potter hatte einen, nunja, einen Albtraum.«Erklärte Professor McGonagall.»Er sagte…«
»Es war kein Alptraum,«unterbrach Harry sie hastig.
Professor McGonagall blickte sich etwas missbilligend zu Harry um.»Nun gut denn, Potter, erzählen Sie dem Schulleiter etwas darüber.«
»Ich… nun… ich habe geschlafen…«begann Harry und gerade in seinem Schrecken und seiner Verzweiflung sich Dumbledore verständlich zu machen, fühlte er sich leicht irritiert, weil der Schulleiter ihn nicht ansah, sondern stattdessen seine eigenen ineinander verschränkten Finger betrachtete.»Aber es war kein gewöhnlicher Traum… es war real… Ich sah, wie es passierte…«Er holte tief Luft,»Rons Vater – Mr Weasley – ist von einer riesigen Schlange angegriffen worden.«
Die Worte schienen in der Luft wiederzuhallen nachdem er sie ausgesprochen hatte, sie klangen etwas lächerlich, sogar lustig. Es herrschte eine Weile Schweigen in der Dumbledore sich zurücklehnte und nachdenklich an die Decke starrte.
Ron schaute von Harry zu Dumbledore, blaß und bestürzt.
»Wie hast du das gesehen?«fragte Dumbledore leise, Harry immer noch nicht anschauend.»Nun…, ich weiß nicht.«
erklärte Harry ziemlich ärgerlich. Was hatte das zu bedeuten?»In meinem Kopf nehme ich an.«
»Du hast mich falsch verstanden.«erwiderte Dumbledore immer noch in demselben ruhigen Ton.»Ich meine… kannst du dich erinnern – ähm – wo du in etwa gestanden hast also du gesehen hast wie dieser Angriff geschehen ist? Hast du.vielleicht neben dem Opfer gestanden, oder eventuell auf die Szene von irgendwo oben beobachtet?«Dies war eine derartig sonderbare Frage, daß Harry Dumbledore anstarrte. Es war beinahe als wisse er…
»Ich war die Schlange.«sagte er.»Ich sah es alles aus dem Blickwinkel der Schlange.«
Für einen Moment sagte niemand etwas, dann fragte Dumbledore in einer neuen und schärferen Tonlage, während er den nun wirklich bleichen Ron anschaute:»Ist Arthur schwer verletzt?«
»Ja.«sagte Harry mitfühlend – wieso begriffen sie nur alle so langsam, begriffen sie nicht wie stark eine Person blutete wenn Zähne der Länge sich in deren Seite bohrten?
Doch Dumbledore stand so schnell auf, daß Harry einen Sprung zur Seite machte, und wandte sich an eines der alten Portraits, das nahe der Decke hing.»Everard?«sagte er scharf,»Und du Dilys!«
Ein fahlgesichtiger Zauberer mit einem kurzen schwarzen Pony und eine ältliche Hexe mit langen silbernen Ringellöckchen in dem Rahmen neben ihm, beide schienen tief zu schlafen, öffneten ihre Augen unverzüglich.
»Ihr habt zugehört?«erkundigte Dumbledore sich.
Der Zauberer nickte, die Hexe sagte: Natürlich.«
»Der Mann hat rote Haare und eine Brille«erklärte Dumbledore.»Everard, du wirst gebraucht um den Alarm auszulösen, sorge dafür, daß er von den richtigen Leuten gefunden wird.«