Um nun die Probe aufs Exempel zu machen und Benjamins Lehre der Auswechselbarkeit von Form und Inhalt auf seinen eigenen Text der
Es dürfte deutlich geworden sein, dass Benjamin mit der
Bei seiner Ankunft im “asiatischen” [187] Moskau 1926 trifft Benjamin auf eine Stadt, die ihm gänzlich unvertraut ist, und in die er sich allererst einleben muss. Im Bewusstsein seiner unvermeidlichen “europäischen” Befangenheit steuert Benjamin einer vorschnellen Konzeptionalisierung seiner Moskau-Erfahrung entgegen. Ihm geht es nicht um ein (“überlegenes”) konzeptionelles Verständnis, sondern um ein konkret-gegenständliches Verständnis (“dicht unter die Menschen und Dinge gemischt”) der fremden Stadt. Er braucht die Erfahrung der Nähe, die Erfahrung des körperlich-sinnlichen Kontaktes, um zu einem synästhetischen Bild von Moskau zu kommen.
Ein zentrales Verfahren Benjamins ist es dabei, sich “ins sonderbare Tempo dieser Stadt und in den Rhythmus ihrer bäurischen Bevölkerung [zu] schicken”. Diese synchrone Bewegung in und mit der Menge erfährt Benjamin nicht nur zu Fuß, wenn er sich ganz dem “Drängen und Sichwinden” der Passanten, deren “Serpentinengang” [“Moskau”, 1., GS, IV.1, 317, vgl.
Beförderung in der Trambahn ist in Moskau vor allem eine taktische Erfahrung. Hier lernt der Neuling sich vielleicht am ersten ins sonderbare Tempo dieser Stadt und in den Rhythmus ihrer bäurischen Bevölkerung schicken. Auch wie einander technischer Betrieb und primitive Existenzform ganz und gar durchdringen, dies weltgeschichtliche Experiment stellt eine Trambahnfahrt im kleinen an. Die Schaffnerinnen stehen angepelzt auf ihrem Platz in der Elektrischen wie Samojedenfrauen auf dem Schlitten. Ein zähes Stoßen, Drängen, Gegenstoßen bei dem Besteigen eines meistenteils schon bis zum Bersten überfüllten Wagens geht lautlos und in aller Herzlichkeit vonstatten. (Nie habe ich bei solcher Gelegenheit ein böses Wort vernommen.) Ist man im Innern, so beginnt die Wanderung erst. Durch die vereisten Scheiben kann man nie erkennen, an welcher Stelle sich der Wagen gerade befindet. Erfährt man es, so hilft es noch nicht viel. Der Weg zum Ausgang ist durch einen Menschenkeil verrammelt. Da man nun hinten einzusteigen hat, aber vorn den Wagen verläßt, so hat man sich durch diese Masse durchzufinden. Meist spielt sich die Beförderung freilich schubweise ab; an wichtigen Stationen wird der Wagen beinahe ganz geräumt. Also ist selbst der Moskauer Verkehr zum guten Teil ein Massenphänomen. [“Moskau”, 9, GS, IV.1, 330—331, vgl.