Hitler wurde unverzüglich von den Überrumpelungswahlen Schuschniggs informiert. Es ist nicht schwer, die Absicht hinter den kuriosen Wahlauflagen zu durchschauen. Wahlaufsicht und Stimmauszählung nur durch eigene Leute riechen schon nach Fälschungsabsicht, und, die jungen Wähler auszuschließen, ist der offensichtliche Versuch, pro-deutsche Wähler von den Urnen fernzuhalten.
Hitler sieht die Chance schwinden, daß sich Österreichs Bürger zu einem späteren Zeitpunkt in freien und korrekten Wahlen für den Anschluß an das Deutsche Reich entscheiden können, wenn zuvor nach einer manipulierten Volksbefragung das Gegenteil beschlossen worden ist.
Am 9. März verkündet Schuschnigg seinen Wahlplan. Am gleichen Abend kon-ferieren Hitler und Minister Göring über diesen Schuschnigg-Schachzug. Hitler ist verärgert, aber er hat zunächst kein Konzept, wie er reagieren soll. Göring, der ein paar Jahre in Österreich gelebt hat, und der Deutsche und Österreicher als ei-ne einzige Nation empfindet, ist ein überzeugter Verfechter der Vereinigung der beiden Teilnationen. Er drängt Hitler, schnell in Österreich einzuschreiten35. So kommt der Entschluß zustande, sowohl politisch als auch militärisch in Österreich einzugreifen. Am Tage nach der Wahlankündigung, am 10. März, gibt Hitler vormittags um 11 Uhr den Befehl, daß am 12. März – einen Tag vor der geplanten Volksbefragung – Wehrmachtsdivisionen in Österreich einmarschieren.
In der dazu in aller Eile verfaßten Weisung Hitlers heißt es:
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Kurz nach 21 Uhr am gleichen Abend gehen die entsprechenden Befehle an die bis dahin nicht vorgewarnte Truppe, der damit nur noch 13 Stunden bleiben. Am 11. März schon rollen die befohlenen Verbände in Richtung Österreich. Ob es allerdings zum Einmarsch kommt, ist damit nicht entschieden, denn Hitler behält sich mit Ziffer 4. der Weisung Nr. 1 die Türe offen, die Truppen anzuhalten, wenn, wie in Ziffer 1 geschrieben, „andere Mittel zum Ziele führen“.
Die politischen Stränge zieht nun vor allem der Minister Göring. Drei Stunden nachdem Hitler die Weisung Nr. 1 mit seiner Unterschrift versehen hat, am 11.