Paitschadse und Balandin kamen in die Kabine. Die Expeditionsleitung beriet.
„Wenn sich kein Festland zeigt, können wir ja noch ein Stück in den Dämmerungsgürtel hineinfliegen“, sagte Belopolski.
„Zu wenden und zurückzufliegen wäre auf jeden Fall zwecklos“, pflichtete ihm Balandin bei. „Selbst wenn es hinter uns Festland gibt, würde es uns wenig nützen. Das, was man den östlichen Teil des Planeten nennen könnte, taucht ja allmählich in Nacht.“ „Vielleicht sollten wir am besten nach Norden oder Süden abdrehen?“ schlug Melnikow vor.
„Das können wir immer noch machen“, erwiderte Belopolski.
„Wir befinden uns auf derselben Breite, auf der wir vergangenes Mal geflogen sind. Unsere Aufgabe ist es, die Mündung eines bestimmten Flusses zu finden. Erst wenn das unmöglich sein sollte, werden wir den Kurs ändern.“ „Im äußersten Fall“, sagte Paitschadse, „bleiben wir in der Luft, bis das Festland die Nachtseite verläßt.“ „Sie vergessen, daß die Atmosphärentriebwerke nicht allzu lange arbeiten können.“ „Was sollen wir aber tun?“ „Auf dem Ozean können wir jedenfalls nicht landen“, stellte Balandin fest. „Soweit man urteilen kann, ist der Wind sehr stark; unter uns tobt ein Sturm.“ „Auch wenn man den pausenlosen Regen berücksichtigt, muß man zu dem Schluß kommen, daß unser Schiff auf dem Ozean die denkbar schlechtesten Bedingungen erwarten“, pflichtete ihm Melnikow bei.
Abermals verstrichen zwei Stunden, aber nichts änderte sich.
Nach wie vor breitete sich unter dem Schiff die unendliche See. Oft mußten Gewitterfronten durchflogen werden, dann wallte undurchdringlicher Nebel vor dem Bildschirm, und nur die Apparate zeigten an, daß voraus immer noch kein Land war.
Doktor Andrejew schlug vor, die Kräfte durch ein Frühstück zu stärken. Während der ganzen Fahrt gehörte die Verpflegung der Expeditionsmitglieder zu seinen Obliegenheiten. Das war weder anstrengend, noch kostete es viel Zeit. Die Vorratskammern des Raumschiffes bargen, sortiert, numeriert und in Spezialpakete verpackt, alle notwendigen Lebensmittel. Man brauchte nur eins nach dem andern herauszunehmen und, falls notwendig, den Inhalt im Thermostat zu erwärmen. Zehn Minuten — und Frühstück, Mittagessen oder Abendbrot waren fertig. Auch Abwasch belastete die Sternfahrer nicht, weil es kein Geschirr gab; unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit erübrigte sich die Benutzung von Tassen und Tellern. Die Metall- und Plastebehälter, Schachteln und Büchsen wurden zusammen mit den Essenresten im Elektroofen beseitigt und die Asche hinausgeschüttet.
Auch jetzt wieder bereitete Andrejew schnell alles vor, doch seine Mühe war vergebens. Nur Toporkow, Saizew und Korzewski folgten der Einladung. Den übrigen hatte die Aufregung den Appetit verdorben. Belopolski und Melnikow gaben dem hartnäckigen Drängen des Arztes schließlich nach und tranken etwas Schokolade. Dann nahmen auch sie wieder ihren Platz am Steuerpult ein.
Ein und derselbe Gedanke beunruhigte die Expeditionsmitglieder. Wenn sich auf jener Seite der Venus, die zur Zeit der Sonne zugekehrt war, kein festes Land fand, konnte eine sehr unangenehme Lage eintreten. Den Berechnungen der Astronomie zufolge waren Tag und Nacht auf der Venus äußerst lang, keinesfalls kürzer als zwei, drei Wochen. Wieviel Zeit würde da vergehen, bis die Umdrehung des Planeten das Festland zutage förderte! Vielleicht war es auf dem Kontinent gar erst vor kurzem Nacht geworden?
So stark die atmosphärischen Triebwerke des Raumschiffes auch waren, sie konnten nicht mehr als vierzig Stunden ohne Unterbrechung laufen. Wenn in dieser Zeit keine Landung möglich war, blieb nur ein Ausweg: Das Schiff müßte die Atmosphäre der Venus wieder verlassen und sich nach Erreichen des interplanetaren Raumes vorübergehend in einen Sputnik der Venus verwandeln. Diese Aussicht fand niemand verlockend, da kostbare Zeit verlorenging, die für die Forschungsarbeiten vorgesehen war. Ganz zu schweigen davon, daß ein abermaliger Durchbruch durch die Atmosphäre große Gefahren mit sich brachte.
Für die Männer an Bord verstrich die Zeit in quälender Eintönigkeit. Stunde um Stunde flog das Schiff, tausend Meter unter sich das tosende Meer und über sich den gleichbleibend düsteren Himmel, aus dem sich immer wieder heftige Regengüsse auf das Meer ergossen. Bisweilen stießen sie auf große Flächen dichten Nebels, daß es der Besatzung vorkam, als flöge das Schiff abermals in den Wolken. Mehrmals ließen grelle Blitze Himmel und Meer in unmittelbarer Nähe des Schiffes miteinander verschmelzen, und durch die stählernen Wände des Schiffsleibes war das schreckliche Gepolter der elektrischen Entladungen zu hören.