Читаем Die Morgenlandfahrt полностью

Man erinnerte sich meiner, man rief mich, man wollte mich anhören, mich vielleicht zur Rechenschaft ziehen. Gut, ich war bereit. Ich war bereit zu zeigen, daß ich dem Bunde nicht untreu geworden sei, ich war bereit zu gehorchen. Mochten die Oberen mich nun strafen oder mir verzeihen, ich war im voraus bereit, alles anzunehmen, ihnen in allem recht zu geben und Gehorsam zu leisten.

Wir brachen auf, Leo ging voran, und wieder wie vor Jahren mußte ich, wenn ich ihn und seinen Gang betrachtete, bewundern, was für ein guter, was für ein vollkommener Diener er doch sei. Ela — stisch und geduldig lief er durch die Gassen, mir voraus, mir den Weg zeigend, ganz Führer, ganz Diener seines Auftrages, ganz Funktion. Aber dennoch stellte er meine Geduld auf keine geringe Probe. Der Bund hatte gerufen, der Hohe Stuhl erwartete mich, alles stand für mich auf dem Spiel, mein ganzes künftiges Leben würde sich entscheiden, mein ganzes gewesenes Leben würde jetzt seinen Sinn erhalten oder vollends verlieren — ich bebte vor Erwartung, vor Freude, vor Angst, vor erstickender Bangigkeit. Und so schien denn der Weg, den Leo mir voranging, meiner Ungeduld beinahe unerträglich lang, denn mehr als zwei Stunden mußte ich hinter meinem Führer gehen, auf den wunderlichsten und, wie mir schien, launischsten Umwegen. Zweimal ließ mich Leo vor einer Kirche, in welcher er betete, lange warten, betrachtend blieb er und versunken eine Zeit, die mir endlos schien, vor dem alten Rathause stehen und erzählte mir von dessen Gründung im fünfzehnten Jahrhundert durch ein berühmtes Mitglied des Bundes, und so sehr sein Gang beflissen, diensteifrig und zielbewußt zu sein schien, mir wurde doch ganz wirr vor den Umwegen, Einkreisungen und Zic kzackgängen, mit denen er sich seinem Ziel näherte. Man hätte den Weg, der uns den ganzen Vormittag kostete, recht wohl in einer Viertelstunde zurücklegen können.

Endlich führte er mich in eine verschlafene Vorstadtgasse und in ein sehr großes stilles Gebäude, von außen sah es wie ein ausgedehntes Amtsgebäude oder Museum aus. Da war zunächst weit und breit kein Mensch, Korridore und Treppenhäuser gähnten leer und dröhnten von unsern Schritten. Leo begann in den Gängen, Treppen und Vorsälen zu suchen. Einmal öffnete er behutsam eine hohe Tür, durch die blickte man in ein vollgestopftes Maleratelier hinein, vor einer Staffelei stand in Hemdärmeln der Maler Klingsör — o wie viele Jahre hatte ich dies geliebte Gesicht nicht mehr gesehen! Aber ich wagte ihn nicht zu begrüßen, dazu war noch nicht die Zeit, ich war erwartet, ich war vorgeladen. Klingsör achtete nicht eben sehr auf uns; er nickte Leo zu, mich sah oder erkannte er nicht, und wies uns freundlich, aber entschieden hinaus, schweigend, keine Führung seiner Arbeit ertragend.

Schließlich zuoberst in dem unendlichen Gebäude kamen wir in ein Dachgeschoß, wo es nach Papier und Karton roch und wo die Wände entlang, viele Hunderte von Metern, Schranktüren, Bücherrücken und Aktenbündel starrten: ein riesiges Archiv, eine gewaltige Kanzlei. Niemand kümmerte sich um uns, alles war lautlos beschäftigt; mir kam es vor, als werde von hier aus die ganze Welt samt dem Sternhimmel regiert oder doch registriert und bewacht. Lange standen wir und warteten, um uns her eilten lautlos, mit Katalogzetteln und Nummern in den Händen, viele Archiv- und Bibliotheksbeamte, Leitern wurden angelegt und bestiegen, Aufzüge und kleine Rollwagen bewegten sich zart und leise. Endlich fing Leo zu singen an.

Ergriffen hörte ich die Töne, einst waren sie mir so vertraut gewesen, es war die Melodie eines unsrer Bundeslieder.

Auf den Gesang hin kam alsbald alles in Bewegung.

Die Beamten zogen sich zurück, der Saal verlängerte sich in verdämmernde Fernen, klein und unwirklich in den riesigen Archivlandschaften der Hintergründe arbeiteten die fleißigen Menschen, die Nähe aber wurde weit und leer, feierlich dehnte sich der Saal, in seiner Mitte streng geordnet standen viele Sessel, und es kamen teils aus den Hintergründen, teils aus den zahlreichen Türen des Raumes viele Obere, welche lässig auf die Sessel zugingen und allmählich auf ihnen Platz nahmen. Eine Sesselreihe um die andere füllte sich langsam, in allmählicher Steigung erhob sich der Aufbau und gipfelte in einem hohen Throne, welcher noch nicht besetzt war. Bis zum Throne hin füllte sich das feierliche Synedrion. Leo sah mich an, mit einem Blick der Mahnung zu Geduld, zu Schweigen und Ehrfurcht, und verschwand zwischen den vielen, unversehens war er weg, und ich konnte ihn nicht mehr entdecken. Wohl aber sah ich da und dort zwischen den Oberen, die sich zum Hohen Stuhl versammelten, bekannte Gestalten ernst oder lächelnd erscheinen, sah die Gestalt des Albertus Magnus, des Fährmanns Vasudeva, des Malers Klingsor und andre.

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