Zwei Dinge hielten Harry an diesem Tag aufrecht. Einmal die Aussicht auf das Wochenende; und zum Anderen, daß er beim letzten Nachsitzen mit Umbridge – das sicher furchtbar werden wird -vom dortigen Fenster einen guten Überblick über das Quidditch-Feld haben wird, so daß er mit etwas Glück einige von Rons Übungen sehen wird. Das waren zwar wirklich nur schwache Lichtstrahlen, das war klar, aber Harry war dankbar für alles, was seine gegenwärtige Dunkelheit aufhellen konnte, er hatte noch nie so eine erste beschissene Aufenthaltswoche in Hogwarts gehabt.
Um fünf Uhr Abends klopfte er in der Hoffnung, daß es das letzte Mal war, an Professor Umbridges Bürotür, und wurde hereingerufen. Das unbeschriebene Pergament lag für ihn auf dem mit Borten verzierten Tisch bereit, die gespitzte schwarze Feder gleich daneben.
»Sie wissen, was zu tun ist, Mr. Potter«sagte Umbridge mit einem freundlichen Lächeln.
Harry nahm die Feder und blickte durchs Fenster. Wenn er seinen Stuhl nur ein paar Zentimeter nach rechts schieben würde… unter dem Vorwand, näher am Tisch sitzen zu können, würde es gehen. Nun hatte er einen guten Überblick auf das Quidditch-Team von Gryffindor, das kreuz und quer über das Feld emporschwebte, während ein halbes Dutzend dunkler Figuren am Fuße der drei hohen Torpfosten stand, und auf seinen Einsatz wartete. Aus der Entfernung war es unmöglich, Ron zu erkennen.
Er wagte einen weiteren Blick aus dem Fenster. Wer auch immer gerade die Torpfosten bewachte, hatte wirklich einen schlechten Job erwischt. In den paar Sekunden, in denen sich Harry hinzusehen traute, traf Katie Bell zwei Mal. In der großen Hoffnung, daß der Torwart nicht Ron war, ließ er seine Augen wieder zurück auf das blutbefleckte Pergament fallen.
Er schaute immer dann auf, wenn er dachte, er könne es riskieren; wenn er etwa das Kratzen von Umbridges Feder hörte, oder das Öffnen einer Tischschublade. Die dritte Person, die es versuchte, war wirklich gut, die vierte war schrecklich, die fünfte wich einem Bludger grandios aus, versiebte dann aber einen einfachen Ball. Der Himmel wurde dunkler, und Harry glaubte nicht mehr, daß er den sechsten und siebten Spieler noch sehen könnte.
Das Pergament war mittlerweile mit Blutstropfen aus seinem Handrücken befleckt, wobei dieser nun schmerzvoll trocknete. Als er das nächste Mal aufsah, war die Nacht hereingebrochen, und das Quidditch-Feld war nicht mehr zu sehen.
»Laß uns sehen, ob Du die Botschaft inzwischen verstanden hast, sollen wir?«fragte Umbridges ruhige Stimme eine halbe Stunde später.
Sie kam zu ihm herüber, und streckte ihre kurzen, beringten Finger nach seinem Arm aus. Und als sie ihn festhielt, um die jetzt in seine Haut geritzten Worte zu untersuchen, brannte der Schmerz, nicht an seinem Handrücken, sondern an der Narbe auf seiner Stirn. Gleichzeitig hatte er ein sehr eigentümliches Gefühl irgendwo in der Magengegend.
Er riss seinen Arm aus ihrem Griff, sprang auf die Beine und starrte sie an. Sie blickte zurück, ein Lächeln lag auf ihrem weiten, offenen Mund.
»Das tut weh, was?«sagte sie ruhig…Er antwortete nicht. Sein Herz klopfte schwer und schnell. Sprach sie über seine Hand, oder wußte sie, was er gerade in seiner Stirn gefühlt hatte?
»Nun, ich denke mir reicht es, Mr. Potter. Sie können gehen.«
Er nahm seine Schultasche und verließ den Raum so schnell er konnte.
Ein tosendes Gebrüll empfing ihn. Ron kam zu ihm hinüber gerannt, strahlte über das ganze Gesicht, während er sich mit Butterbier bekleckerte, das aus dem Pokal in seinen Händen schwappte.
»Harry, ich habs geschafft, ich bin drin, ich bin Keeper!«
»Was? Grandios!«sagte Harry, und versuchte unbekümmert zu lächeln, während sein Herz immer noch raste, und seine Hand pochend blutete.
»Hier, ein Butterbier,«Ron drückte ihm eine Flasche in die Hand.»Ich kanns immer noch nicht glauben – wo ist eigentlich Hermine?«
»Dort,«sagte Fred, der ebenfalls Butterbier hinunterstürzte, und deutete auf einen Sessel am Kamin. Dort schlummerte Hermine, das Getränk in ihrer Hand vollführte dabei gefährliche Bewegungen.
»Also, sie hat sich sehr gefreut, als ich es ihr erzählt habe,«sagte Ron, und sah dabei leicht verwirrt aus.