sischen Garantien und Versprechen vom März und Mai und von vor zwei Tagen haben Beck bestärkt, davon nicht abzugehen. Auch der Vorschlag, in der Minderheitenfrage zu verhandeln ist ein Hohn. Polen hat die im Versailler Vertrag unterzeichneten Minderheitenschutzbestimmungen gekündigt und die zwei Minderheitenschutzverträge mit dem Deutschen Reich im eigenen Land nie durchgesetzt. Was sollte die Polen jetzt beflügeln, sich in Bezug auf Danzig, den Korridor und die Minderheiten umzustellen? Göring will versuchen, Hitler mit dieser Antwort der englischen Regierung vom Einmarsch in Polen abzubringen.
Als er sich mit der von Dahlems überbrachten Chamberlain-Antwort beim „Führer“ meldet, ist es fast Mitternacht.
Der Dahlems-Versuch, die Katastrophe zu verhindern, ist nicht der einzige an diesem Tag. Am Nachmittag erscheint der Kabinettschef des Außenministers Beck, Graf Łubieński, in Berlin und sucht den Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, Dr. Kleist, auf, einen Beamten im Auswärtigen Amt. Łubieński gelingt es, Dr. Kleist zu überzeugen, daß sein Chef in Warschau nicht mehr „Herr des Verfahrens“ ist, und daß die seit Monaten in einen Kriegsrausch versetzte polnische Bevölkerung derzeit keinen Kompromiß zu Danzig dulden werde. Beck, so Graf Łubieński, sehe die Lage Polens durchaus realistisch, doch er brauche Zeit, bis sich die Verhältnisse in Polen abgekühlt und normalisiert hätten.312 Dr. Kleist 312 Benoist-Méchin, Band 7, Seiten 433 ff
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vermittelt diese Sicht der Dinge sofort an von Ribbentrop, der sich damit noch am gleichen Tag bei Hitler meldet. Es ist schon ein kleines Wunder, daß sich von Ribbentrop, der sonst nicht gerade mäßigend auf Hitler Einfluß nimmt, hier zum Fürsprecher seines polnischen Kollegen macht. Doch auch dieser kleine Hoffnungs-funke für den Frieden verglimmt ganz schnell angesichts der Auswirkungen, die
Hitler reicht von Ribbentrop ein Telegramm, das auf seinem Schreibtisch liegt:
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Hitler bemerkt zu den drei Meldungen:
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Von Ribbentrops einziger überlieferter Versuch, Hitler zu bewegen, der polnischen Regierung mehr Zeit zu lassen, ist damit kein Erfolg beschieden.