Kriegseintritt der USA einstimmt, greift auch er zum Mittel, die Deutschen zum Feind der Welt, der Guten und Gerechten hochzustilisieren. Er bezeichnet den deutschen U-Boot-Krieg als „Krieg gegen alle Nationen“ und macht ihn zur
„Herausforderung für die gesamte Menschheit“. Wilson ruft die Welt auf, die
„unverantwortlichen und antidemokratischen Regierungen hinwegzufegen“ und schafft den schönen Slogan
63 Nitti, Seiten 39 bis 56
64 PAAA, Geheime Akten Krieg 1914, R 21872, Blatt 224
65 Gaffney, Seite 10
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Was der Durchschnittsamerikaner, der diese Botschaft hört, allerdings nicht weiß und 1917 auch nicht wissen kann, ist, daß die Demokratie im eigenen Land noch nicht so weit entwickelt ist wie zu jener Zeit im Deutschen Reich. Die demokratischen USA führen das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht mit der
„Voting rights act“ erst 1965 ein. Im von Wilson derart abqualifizierten Deutschen Reich gibt es das bereits seit 1871.
Auch Wilson greift zum Selbstbetrug, die Gegner schwarz zu malen, sie als Gefahr für die Menschheit und als böse Mächte darzustellen. Fortan dämonisiert Amerika in allen Kriegen seine Gegner. Medien und Unterhaltungsfilme überziehen die USA mit einem Propagandabild „vom Deutschen“ , das sich zu Teilen bis zum Zweiten Weltkrieg hält. Der Film „The Prussian Cur“ zum Beispiel zeigt eine Szene, in der deutsche Soldaten einen gefangenen Kanadier an einem Hoftor kreuzigen. Solche Phantasien bleiben hängen.
Wieweit die selbsterzeugten Trugbilder in den USA grassieren, zeigt das Sitzungsprotokoll des US-Kongresses vom 10. Januar 1918. Dort ist das folgende Gebet vermerkt, mit dem die Abgeordneten den Tag beginnen:
Von diesem Berg von Haß und Selbstbetrug kommen die politischen Eliten Englands, Frankreichs und Amerikas nicht mehr herunter, als sie 1919 mit den Deutschen Frieden schließen sollen. So geht es in Versailles, Saint-Germain und Trianon nicht nur um eine neue Friedensordnung für Europa. Es geht nach der bisherigen Propagandalogik nun auch um Rache und Bestrafung.
66 Congressional Record, Containing the Proceedings and Debates of the Second Session of the Sixty-Fifth Congress of the United States of America-Volume LV I – Washington-Government printing Office 1918, Page 761, 762
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Der Versailler Vertrag und die Ächtung Deutschlands
Anfang 1918 gibt der amerikanische Präsident Woodrow Wilson den ersten Anstoß für eine Friedenslösung, die alle Kriegsparteien akzeptieren könnten. Am 8.
Januar hält er vor dem Kongreß die Rede, in der er einen 14-Punkte-Vorschlag für einen solchen Friedensschluß entwickelt67. Neun der vierzehn Punkte haben für das Deutsche Reich Bedeutung. Es sind dies,
1. die Abschaffung der Geheimdiplomatie,
2. die Freiheit der Meere,
3. zukünftige Rüstungsbeschränkungen,
4. die Regelung der kollektiven Ansprüche der Westalliierten Mächte, also der Entente,
5. die Räumung Rußlands durch die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn,
6. die Wiederherstellung Belgiens,
7. die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich,