8. die Errichtung eines unabhängigen Polen mit einem freien und sicheren Zugang zur Ostsee und
9. die Gründung eines Völkerbunds.
Sein Vorschlag endet mit den Sätzen:
„
In einer weiteren Rede vor dem Kongreß am 11. Februar ergänzt Wilson, daß es bei einem Friedensschluß keine territorialen Entschädigungen und Annexionen gegen den Willen der beteiligten Bevölkerungen geben soll. Er schließt ausdrücklich Regelungen aus, „die mit der Zeit den Frieden Europas und somit der Welt stören werden“.69
Als sich die strategische Lage des Deutschen Reichs von August 1918 an dramatisch verschlechtert und im September ganz unhaltbar wird, fordert die Oberste Heeresleitung die Reichsregierung am 19. September und danach noch mehrmals dringend auf, Waffenstillstandsverhandlungen mit den Gegnerstaaten aufzunehmen. Die Reichsregierung und die Heeresleitung lassen sich durch Wil-67 PAAA, Akten Krieg 1914, R 21923, Blätter 12-14
68 Wilson Papers, Seiten 538 f
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sons moderate 14 Punkte verleiten, auf annehmbare Friedensbedingungen zu hoffen. Am 3. Oktober senden die Regierungen Deutschlands, Österreich-Ungarns und der Türkei ihre Waffenstillstandsangebote auf der Grundlage der 14 Punkte an den US-Präsidenten Woodrow Wilson, in dem sie den Sprecher ihrer Gegnermächte sehen.
Am 10. Oktober kommt die Antwort70. Wilson bietet zunächst noch keine Waffenruhe. Er fragt zurück, ob mit diesem deutschen Angebot seine 14 Friedenspunkte angenommen seien. Er wolle – so schreibt Wilson weiter – den verbündeten Regierungen einen Waffenstillstand vorschlagen, verlange dafür aber, daß die deutschen Truppen vorher die besetzten belgischen und französischen Gebiete räumen. Dies sei – so Wilson – die Voraussetzung für ein anschließendes „gutes Vertrauensverhältnis“. Nach dieser Wilson-Antwort kann die deutsche Reichsregierung davon ausgehen, daß die 14 Punkte Basis eines Friedensschlusses werden sollen. Sie kann außerdem bei Abzug aller Truppen aus den besetzten Gebieten auf ein „gutes Vertrauensverhältnis“ hoffen. Dennoch ist ein Waffenstillstand von der Gegenseite damit noch nicht zugesichert. Die Reichsregierung vertraut auf Wilsons Angebot und auf die Bedingungen, zieht ihre Truppen aus Frankreich und aus Belgien ab und beginnt, sie in der Heimat aufzulösen.
In ihrer Antwortnote beruft sich die deutsche Reichsregierung ein weiteres Mal auf Wilsons 14 Punkte und drückt die Hoffnung aus, daß sich neben den USA auch die anderen Gegnerstaaten daran halte71. In den vierzehn Tagen bis November stellt Wilson in zwei Briefen immer neue Forderungen, die die Reichsregierung jedesmal mit einer Note akzeptiert72. In seinem Brief vom 23. Oktober zum Beispiel stellt Wilson die Bedingung, daß die USA und ihre Alliierten nur dann mit Deutschland über einen Friedensschluß verhandeln werden, wenn von deutscher Seite zu diesem Zweck gewählte Volksvertreter und keine „militärischen Beherrscher und monarchischen Autokraten“ entsendet werden73. Wenn Deutschland keine gewählten Volksvertreter sende, so die Bedingung, könne nicht verhandelt werden. Dann müsse Deutschland sich ergeben. Die Reichsregierung sagt die gewählten Volksvertreter zu und schickt sie 1919 nach Versailles. Trotzdem wird der Friede nicht verhandelt. Er wird, was später noch zu schildern ist, diktiert, und das besiegte Deutsche Reich muß sich trotz eingehaltener Bedingungen ergeben.