Читаем 1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte полностью

Die österreichische Delegation kann und darf den Vertrag von Saint-Germain genausowenig mit verhandeln, wie die Deutschen den von Versailles. Es ist lediglich der Austausch von Noten zugelassen. Die fünf Siegermächte USA, Frankreich, England, Japan und Italien, die in Saint-Germain ihr Urteil über Österreich sprechen, legen mit Artikel 88 ihrer Bedingungen für den Frieden fest, daß Österreich auf Dauer unabhängig bleiben muß. Noch während die Sieger in Saint-Germain zusammensitzen, versucht die österreichische Regierung, ihnen und dem 18 IMT. Verhandlungen, Band XV, Seite 666

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Völkerbund zu zeigen, wie stark der Wille der Bevölkerung ist, dem Deutschen Reiche20 beizutreten. Sie setzt drei regionale Volksabstimmungen in Tirol, in der Provinz Salzburg und in Oberösterreich an. Die Tiroler Volksbefragung bringt 143.302 Stimmen für den Anschluß und 1.805 dagegen21. Das ist ein Votum von 98,7% für die Vereinigung Österreichs mit Deutschland. Die Abstimmungen in Oberösterreich und in Salzburg werden von den Siegern unterbunden. Trotzdem gelingt es einer Bürgerinitiative – wenn auch erst 1921 – in Salzburg die Volksbefragung nachzuholen. Das Ergebnis läßt mit 98.546 Stimmen pro und 877

contra, d.h. mit 99,1% für den Anschluß keine Fragen offen.


Vier Tage bevor die österreichische Delegation in Saint-Germain das Siegerurteil unterzeichnen muß, am 6. September 1919, verkündet Staatskanzler Dr. Renner noch einmal in der Wiener Nationalversammlung:

„Deutsch-Österreich wird niemals darauf verzichten, die Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich als das Ziel seiner friedlichen Politik zu betrachten.“

Das ist ein letztes Aufbegehren. Die nackte Macht des Hungers hat auch Österreich genau wie Deutschland gezwungen nachzugeben. England hat vom Waffenstillstand an bis in den Juli 1919 die Lebensmittelzufuhr nach Deutschland und Österreich durch eine Seeblockade unterbunden, um die Besiegten in Versailles und Saint-Germain zur Unterschrift zu zwingen. In beiden Ländern sind inzwischen fast eine Millionen Menschen den Hungertod gestorben, besonders viele Kinder. Österreich und Deutschland können nun keine Wiederaufnahme der Blockade durch Unterschriftsverweigerung mehr riskieren, denn Großbritannien hat sie angedroht.


Am 10. September muß die österreichische Regierung den Vertrag von Saint-Germain akzeptieren und ihn unterschreiben. Am 21. Oktober muß sie auf Druck der Sieger den Satz aus der Verfassung streichen „Deutsch-Österreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik“ – Am 18. Juli 1920 ratifiziert das Parlament in Wien den Vertrag von Saint-Germain, und Österreich steht gegen den Willen der großen Mehrheit seiner Bürger wieder vor der deutschen Tür. Ungeachtet dessen nehmen alle österreichischen Parteien – ausgenommen Legalisten (Monarchisten) und Kommunisten – den späteren Anschluß ihres Landes als Ziel in die Parteiprogramme auf. Das trifft sowohl auf die Sozialdemokraten, auf die Deutsch-Nationalen, die National-Liberale Bauernpartei als auch auf die Christlich-Sozialen zu, die ab 1934, zur Diktatur-Partei geworden, den Anschluß an das Reich bekämpfen.


Im Deutschen Reich denkt und handelt man in der Anschlußfrage nicht anders als in Tirol, in Salzburg oder Wien. Schon in Weimar, auf der ersten Sitzung der 20 Bernhardt, Seite 45

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Deutschen Nationalversammlung am 6. Februar 1919, erklärt der spätere Reichspräsident Friedrich Ebert zu dieser Frage:

„Deutsch-Österreich muß mit dem Mutterland für alle Zeiten vereinigtwerden. ... Unsere Stammes- und Schicksalsgenossen dürfen versichert

sein, daß wir sie im neuen Reich der deutschen Nation mit offenen Armenund Herzen willkommen heißen. Sie gehören zu uns und wir gehören zu ihnen.“ 22

Doch auch der Versailler Vertrag legt fest, daß das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen in den zwei besiegten Staaten in dieser Frage nicht vollzogen werden darf. In Artikel 80 des am 28. Juni 1919 unterschriebenen Vertrages heißt es:

„Deutschland anerkennt die Unabhängigkeit Österreichs und wird siestreng in den durch den gegenwärtigen Vertrag festgelegten Grenzen alsunabänderlich betrachten, es sei denn mit Zustimmung des Rates des Völkerbundes.“

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