392 Rasmus, Seite 144. Die Zahl von über 5.000 Toten stammt von einer Gräberregistrierzentrale in Posen. Die amtliche Zahl des Reichsinnenministeriums von 1940 gibt über 12.000 Tote an. Einzelheiten über die darüber hinaus während der Verschleppungsmärsche ermordeten und umgekommenen Deutschen und die umgebrachten deutschen Wehrpflichtigen im polnischen Heer sind im Buch
„Pomerellen-Westpreußen“ von Hugo Rasmus dokumentiert.
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dabei am dritten Kriegstag in der Stadt Bromberg statt. Zum dritten eröffnen polnische Heckenschützen – vor allem in den Städten – sofort nach Abzug der polnischen Truppen ihren Partisanenkampf gegen deutsche Truppen. Das führt zu Reaktionen. So kommt es auch auf diese Weise von Kriegsbeginn an zu harten Auseinandersetzungen zwischen deutschem Militär und polnischer Bevölkerung.
Der Tod so großer Opferzahlen unter der deutschen und der polnischen Zivilbevölkerung erzeugt noch einmal Haß in beiden Völkern.
Am 4. September schlägt die Flamme auf den Westen über. Englands Royal Air Force greift mit 16 Bombern deutsche Schiffe an, die auf Reede vor Cuxhaven, Wilhelmshaven und Brunsbüttel liegen.393 Am 5. beginnen die deutsche U-Boot-Waffe und die Royal Navy ihren Krieg auf dem Atlantik. Beide versenken an diesem Tag die ersten Handelsschiffe ihrer Gegner. Am 6. ergeht deutscherseits die Weisung, französische Handelsschiffe weder zu beschießen noch zu kontrol-lieren.394 Die Reichsregierung macht noch immer den Versuch, Frankreich außen vor zu halten. Am 10. verletzt England mit dem Überflug von Bombern über Belgien die Neutralität des kleinen Landes, ein Versuch, auch diesen bislang noch neutralen Staat in den neuen Krieg hineinzuziehen.395 Ab dem 12. September landen britische Heerestruppen auf dem Kontinent und verstärken die Franzosen. Damit erfüllt England seine Garantien gegenüber Polen, ohne Polen damit auch nur im geringsten zu entlasten. Frankreich zeigt zunächst Bündnistreue und läßt im Westen 80 Divisionen zwischen Schweiz und Nordsee aufmarschieren.
Ihnen stehen zunächst nur elf deutsche gegenüber.
Am 6. September berichtet die polnische Tageszeitung EXPRESS PORANNY, daß die französische Armee ins Rheinland einmarschiert, und daß die polnische Luftwaffe Berlin bombardiert.396 Drei Tage später, am 9., hat die Wehrmacht bereits ganz Westpolen bis zur Linie Fluß Narew-Warschau-Fluß Bug genommen.
Am 13. September titelt EXPRESS PORANNY mit der Schlagzeile „Deutsche Offensive in Polen zusammengebrochen.“397 Wieder drei Tage später berichtet der DAILY EXPRESS aus London, daß Saarlouis von französischen Truppen eingeschlossen ist, was nichts bedeutet, da die Stadt direkt an der Landesgrenze liegt.
Nur stimmt die Meldung nicht. Am 17. September setzt sich die polnische Regierung samt Präsident Moscicki und Oberbefehlshaber Rydz-Śmigły nach Rumänien ab, und die Rote Armee der Sowjetunion tritt – ebenfalls ohne Kriegserklärung – von Osten her zum Angriff gegen Polen an. Sie holt ihr ehemaliges Territorium, das ihr nach dem Ersten Weltkrieg durch den „Höchsten Alliierten Rat“ der Sieger zugesprochen worden war, zurück. Die sowjetische Regierung er-klärt ihr Handeln vor den ausländischen Regierungen mit folgender Begründung: 393 KTB-SKL, Seite 39
394 KTB-SKL, Seite 43
395 Stegemann, Seite 17
396 Piekalkiewicz, Seite 139
397 Piekalkiewicz, Seite 103
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Karte 36: Polens Lage am Abend des 18. September 1939
Am Tag darauf, am 18., hat die Wehrmacht ganz Polen westlich der Curzon-Linie bis auf die Hauptstadt Warschau eingenommen. Am 19. September reagieren die französische und die britische Regierung auf die Kriegsbeteiligung der Sowjets und fordern die russische Regierung auf, die Truppen aus Polen wieder 398 Piekalkiewicz, Seite 180
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abzuziehen. Wenn das unterbleibe, so droht man aus Paris und London, folge automatisch eine Kriegserklärung.399 Das wars dann. Vier Wochen später nehmen die Briten und Franzosen im geheimen Verbindung zu den Russen auf, um sie doch noch zum Kriege gegen Deutschland einzuladen.
Am 29. September fällt die Hauptstadt Warschau. Polen hat verloren. Paris und London sind in den vier Wochen der Eroberung Polens durch die deutsche Wehrmacht und die Rote Armee der Sowjetunion weder ernstlich militärisch gegen Deutschland vorgegangen, noch haben sie der Sowjetunion den Krieg erklärt.
399 Piekalkiewicz, Seite 192
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TEIL 6
SCHLUSSBETRACHTUNG
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Schlußbetrachtung
Englands Beitrag zum Kriegsausbruch
Frankreichs Beitrag zum Kriegsausbruch
Polens Beitrag zum Kriegsausbruch