Читаем 1939 - Der Krieg, der viele Väter hatte полностью

Die englische Begleitmusik ist für die Deutschen genauso bitter wie die Niederlage im Ersten Weltkrieg selbst. Großbritannien vertritt im Rat der Siegerstaaten wie alle seine Alliierten die Behauptung, Österreich und Deutschland hätten den vergangenen Krieg allein verursacht. Es wirft den Deutschen vor, unfähig zu sein, Kolonien zu verwalten. Es gibt vor, den Krieg für Demokratie, Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker geführt zu haben, und es setzt zusammen mit den anderen Siegern durch, daß Deutschland und Österreich ihre 1 Im Juli 1898 droht England Frankreich mit Krieg und zwingt es, eine Militär- und Forschungsexpedi-tion aus Faschoda im Sudan abzuziehen.

2 1905 verliert Rußland mit der Seeschlacht von Tsushima einen Krieg gegen Japan.


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Monarchien abschaffen. Dies Paket von Anschuldigungen und Ansprüchen ver-festigt das Klischee bei vielen Deutschen, die Briten seien perfide und verlogen.

Schließlich, während 1919 britische Politiker den Deutschen Unfähigkeit zur Kolonialherrschaft vorwerfen, schießen britische Soldaten in Amritsar indische Demonstranten nieder. Diese besondere „Fähigkeit“ der Engländer zur Kolonialherrschaft kostet 450 Indern an einem Tag ihr Leben3. Englands Anspruch, das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu vertreten, findet in Irland, Kenia, Ägypten, Indien, Burma und andernorts auf dieser Erde seine offenbare Widerlegung.

Und Englands Erklärung, für die Demokratie zu kämpfen und seine Forderung, den deutschen Kaiser und die Fürsten abzusetzen, wirkt für ein Land, das das

„gleiche“ Wahlrecht knapp 50 Jahre nach dem Deutschen Reich einführt und das sich selbst von Fürsten, Herzögen und Königen regieren läßt, absurd. So werden

„die Engländer“ nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland nicht als fair, gerecht und friedensliebend angesehen, so wie sie selber gern gesehen werden möchten.


Gleich mit dem „Friedensschluß“ von 1919 leistet England seinen ersten verhängnisvollen Beitrag dazu, daß dem Frieden bald der nächste Krieg folgt. Die britische Regierung im Verein mit den anderen alliierten Siegermächten konstruiert eine neue Variante ihrer balance of power für Europa, die auf einem auf Dauer angelegten Konflikt zwischen Deutschland, der Tschechoslowakei und Polen aufbaut. Die in Versailles vorgenommene Eingliederung des Siedlungsraumes von fast fünf Millionen Deutschen in die neugeschaffenen Staaten der Polen und der Tschechen und Slowaken und die Danzig-Pomerellen-Konstruktion sind dazu angelegt, die Deutschen, die Tschechen und die Polen „miteinander zu beschäftigen“ und sie im Streit zu halten. Besonders Danzig als Kind von drei geschie-denen Elternteilen, Deutschland, Polen und dem Völkerbund mußte irgendwann zu Konflikten und Veränderungen führen. Neue Kriege sind damit seit Versailles abzusehen. Man hat das in England auch erkannt. Die britischen Regierungen seit 1920 haben diese Kriegsgefahr als Begleiterscheinung ihrer balance of power billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar bewußt erhalten.


Es folgt die Nachkriegszeit, in der Englands Außenpolitik von Landgewinnung auf Bestandserhaltung einschwenkt. Die Sicherung von Eroberungsgewinnen ist nur möglich, wenn die Status-quo-Erhaltung von nun an völkerrechtlich Anerkennung findet und Eroberungen, wie die britischen der letzten zwanzig Jahre im Sudan, in Oranje und Transvaal4, in Zukunft international geächtet werden.

Folglich tritt England fortan für den Frieden in der Welt ein, auch wenn es in den 20er Jahren selbst noch da und dort in China, Rußland und Ägypten weiter militärisch eingreift.

Mit seiner Politik des Status-quo versäumt es England allerdings, die in Versailles und Saint-Germain geschaffenen Störfaktoren selber aus der Welt zu schaf-3 Kulturfahrplan, Seite 1036

4 Oranje und Transvaal sind heute Landesteile der Republik Südafrika.


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fen. So lassen die Briten die Memel-Frage schleifen, das Danzig-Korridor-Problem bestehen und die Rüstungsfragen ungelöst. Sie ignorieren die Minderheiten-Nöte in Polen, in Frankreich und in der Tschechoslowakei. Sie nehmen Österreichs Anschlußwillen nicht zur Kenntnis, und sie tolerieren Frankreichs Anspruch, daß Deutschlands Grenze dorthin auf Dauer ungeschützt bleibt. Als Deutschland unter Hitler ab 1936 anfangt, die aufgezählten Fragen eine nach der anderen selbst zu lösen, gerät Europa jedes Mal fast an den Rand des Krieges, und England verliert Stück um Stück an Selbstachtung und Gesicht. Schon 1933

beginnt man in England, Deutschland als Aggressor und Friedensstörer zu bezeichnen. Das stimmt bis 1936 nur in soweit, als das Deutsche Reich diese Art von britischer Status-quo-Vorstellung stört. Deutschland fordert zu der Zeit nichts von England oder Frankreich. Der britische Friede des Gewinnerhaltens wird zunächst nicht angetastet. Englands Beitrag zur permanenten Kriegsgefahr ab 1936 besteht darin, daß es die von ihm mitgeschaffenen Störfaktoren von Versailles nicht beseitigt, solange dies in Frieden möglich wäre.

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