delt er die Beteiligung der USA am nächsten Kriege ein, immer hart am Rande der Gesetze. Er bedient sich wirtschaftlicher Mittel, die ihm reichlich zu Gebote stehen: Strafzölle, Devisenbewirtschaftung, Einfrieren von Auslandsguthaben und Ausfuhrsperren auf lebenswichtige Güter. Und Roosevelt fängt an, die drei genannten Staaten öffentlich und „offiziell“ zu ächten.
Am 5. Oktober 1937 hält der Präsident in Chicago eine Rede, die als „Quarantä-
ne-Rede“ Nachhall und Bekanntheit findet. In dieser Ansprache klagt Roosevelt, daß „die Herrschaft des Terrors und der internationalen Gesetzlosigkeit“ Formen angenommen habe, die die „Grundlagen der Zivilisation“ bedrohten. Er bezieht sich dabei auf Japans Krieg mit China, auf Italiens Abessinien-Eroberung und auf Deutschlands einseitige Loslösung vom Versailler Vertrag. Der Präsident folgert, daß auch Amerika eines Tages das Ziel solcher Angriffe werden könnte.
Um solches zu verhindern, müßten – so Roosevelt -:
Mit der „Quarantäne-Rede“ zeichnet Roosevelt die Grundzüge seiner Politik der nächsten Jahre vor. Die sind die Unterscheidung der Völker in friedliebende und unfriedliche Nationen, die Ächtung und Isolierung dieser negativen Völker, die Verbreitung von Ängsten vor den Unfriedlichen, die Aufhebung der Neutralität der USA und der Anspruch an alle Friedliebenden, sich an die Seite Amerikas zu stellen. Eine differenzierte Sicht der Probleme der Deutschen, Italiener und Japaner hat in dieser Politik so wenig Raum wie die Neutralität von anderen Staaten. So beginnt Roosevelt recht früh damit, Deutschland in den Kreis der Schurkenstaaten einzuordnen und Amerika strategisch auf den nächsten Weltkrieg einzustellen.
Das Verhalten der Japaner gibt ihm dazu einen Einstieg. Seit Juli 1937 dringen japanische Truppen wieder in Ostchina vor, wo sie auf amerikanische Interessen stoßen. Die USA unterhalten in China nicht nur Banken, Industrieanlagen, Missionen, Krankenhäuser, Schulen und Handels- und Schiffahrtsunternehmen, sondern auch Kriegsschiffe auf den Flüssen, und sie bauen den Chinesen moderne Luftstreitkräfte auf. Auch England hat in China Kanonenboote auf den Flüssen stationiert. Am 12. Dezember 1937 kommt es zu einem Zwischenfall, bei dem japanische Sturzkampffiieger amerikanische und britische Kanonenboote auf dem Jangtsekiang-Fluß nahe Nanking58 angreifen, offensichtlich in dem Glauben, es handele sich um Schiffe der Chinesen. Dabei wird das US-Kanonenboot „Panay“ 57 Bavendamm, Roosevelts Krieg, Seite 127
58 Nanking ist zu der Zeit die Hauptstadt der Republik China
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versenkt. Die japanische Regierung entschuldigt sich in Washington und bezahlt den entstandenen Schaden59.
Obwohl die Kriegsschiffe der neutralen USA zu der Zeit nichts in einem Kriegsgebiet zu suchen haben, und obgleich Präsident Roosevelt nach geltender Geset-zeslage auch weiterhin zu einer Politik der Neutralität verpflichtet ist, nutzt er die Gelegenheit, den ersten Nagel für die späteren Kriege gegen Japan, Deutschland und Italien einzuschlagen. Kurz nach dem Panay-Vorfall, noch im Dezember 1937, entsendet er den Leiter der Abteilung für Kriegsplanungen der US-Navy Kapitän zur See Ingersoll nach London, um erste Gespräche über eine spätere Zusammenarbeit der US- und der Royal Navy führen zu lassen60. Damit klinkt sich Roosevelt in die strategischen Überlegungen und Planungen der Briten ein. In London kann man von nun an damit rechnen, daß die USA im Falle einer Auseinandersetzung mit den Japanern im Pazifik, mit den Italienern im Mittelmeer oder mit den Deutschen auf dem Nordatlantik auf ihrer Seite stehen. Die Aussicht auf die Unterstützung der Seemacht USA stärkt die Handlungsfreiheit Englands, eigene Interessen notfalls auch unter dem Risiko von Kriegen durchzusetzen. Ein knappes Jahr danach geht Roosevelt auf diesem Wege weiter. Im August und September 1938 gibt er erst an Kanada und dann an England ein informelles Schutz-versprechen61, obwohl beide Länder bis dahin von niemandem bedroht und angegriffen worden sind, und obgleich der Kongreß ihn nicht dazu ermächtigt hat.