„Siehst du!“ sagte er, als Melnikow wieder im Steuerraum erschien. „Der Funkspruch war unnötig. An Tatsachen läßt sich nun mal nicht rütteln. Und wie hast du hinsichtlich des,Phaetonen‘ entschieden?“ „Sergej Alexandrowitsch hat Ihrer Bitte entsprochen. Es ist ja auch bedeutend schwerer, den,Phaetonen‘ zur Erde zu bringen als die,KS 3‘“, fügte Melnikow hinzu, um den Urteilsspruch über den ehemaligen Kommandanten möglichst zu mildern. „Sie sind dieser Aufgabe besser gewachsen.“ „Danke für die gute Absicht“, erwiderte Belopolski mit einem bitteren Lächeln. „Aber ich brauche keinen Trost. An Kamows Stelle hätte ich genauso gehandelt. Doch kommen wir zur Sache.
Hältst du es für möglich, daß der,Phaetone‘ direkt zur Erde fliegt?“ „In dem Funkspruch empfehlen Sergej Alexandrowitsch und Woloschin…“ „… ein wenig zu trainieren“, unterbrach ihn Belopolski. „Ich habe gerade darüber nachgedacht. Wtorow muß unbedingt Erfahrungen im Landen sammeln.“ „Ob der Mond geeignet ist?“ „Ich fürchte, nein. Die Gravitationskraft auf seiner Oberfläche ist nur sechsmal geringer als auf der Erde. Das ist noch zu gefährlich. Wir brauchen einen kleineren Himmelskörper.“ „Einen Asteroiden?“ „Ja, das wäre das beste.“ „Welchen?“ „Die Ceres. Sie befindet sich gerade in einer günstigen Stellung. Bis zu ihr ist es verhältnismäßig nahe. Der ‚Phaetone‘ hätte etwa dreihundert Millionen Kilometer zu fliegen, ebensoviel auf dem Rückweg. Wir wissen, daß er eine Geschwindigkeit von fünfzig Kilometern in der Sekunde entwickeln kann, vielleicht auch noch mehr. Er brauchte also schlimmstenfalls zwei Monate und für den Flug von der Ceres zur Erde noch einmal genausolange. Die Gravitationskraft des Asteroiden beträgt nur ein Neunundzwanzigstel der irdischen. Das geht schon eher für den ersten Versuch. Nach der Ceres landen wir dann auf dem Mond. Und erst dann auf der Erde. Ich glaube, diesen Weg müssen wir einschlagen, wenn wir den ‚Phaetonen‘ erhalten wollen. Was meinst du?“ „Ich muß noch mal bei Kamow anfragen.“ „Du bist der Expeditionsleiter und kannst selbständig Entscheidungen treffen. Du mußt lernen, nach eigenem Gutdünken zu handeln.“ Außerstande, sich länger zurückzuhalten, umarmte Melnikow den alten Wissenschaftler.
„Wenn Sie wüßten“, sagte er, „welchen Kummer Sie mir mit Ihrem Entschluß bereitet haben.“ „Ich weiß, Boris. Aber ich kann dich trösten, indem ich dir ein kleines Geheimnis verrate. Noch auf der Erde ist entschieden worden, daß dieser Flug zur Venus deine letzte Prüfung sein sollte. Danach erwartet dich sowieso die offizielle Ernennung zu einem Ersten Kapitän der sowjetischen Raumflotte.
Nun ist das nur etwas früher passiert. Kamow und ich sind alt.
Die Prüfung hast du bestanden. Glänzend sogar. Du erinnerst dich, daß ich dir auf dem Weg zur Venus zeitweilig das Kommando überließ. Das geschah mit Absicht.“ Belopolski wandte sich ab und starrte eine Zeitlang auf den Bildschirm, als müsse er Kräfte sammeln für ein Letztes, das er seinem Schüler sagen hatte. „Denk stets daran, Bons: Der Kommandant eines Raumschiffes muß in allen Situationen Ruhe bewahren. Nichts darf ihn aus dem Gleichgewicht bringen. Diese wichtigste Eigenschaff eines Kosmonauten entwickle unermüdlich in dir. Es fällt dir ja nicht schwer. Und nimm niemand mit an Bord, der dir besonders teuer ist. Sonst ergeht es dir so wie mir. Schlimm, sehr schlimm. Und nun leb wohl. Ich gehe gleich an Bord des,Phaetonen‘.“ Bald war die Arbeit in vollem Gange.
Das phaetonische Raumschiff für einen längeren Flug unter Leitung von Nichtphaetonen auszurüsten, stellte keine einfache Aufgabe dar. Seine Räume waren für die Aufnahme von irdischen Apparaten und Instrumenten schlecht geeignet. Saizew, Romanow, Knjasew und auch Belopolski selbst mußten viel Findigkeit und Einfallsreichtum beweisen, um die notwendigsten Navigationsinstrumente unterzubringen, ohne die sie den sechs-.
monatigen Flug unmöglich wagen konnten. Nur gut, daß sie kein Radargerat brauchten — das Raumschiff besaß ja Automaten, die für Flugsicherheit sorgten. Aber mit dem Teleskop gab es viel Schwierigkeiten. In den Ersatzteilkammern der „SSSR-KS 3“ fand sich ein kleineres Reserveteleskop, das in langer, muhseliger Arbeit in einem der Räume neben dem phaetonischen Steuerraum installiert wurde. Das Raumschiff selbst verfügte zweifellos auch über optische Geräte, aber niemand wußte, wo sie sich befanden, wie sie aussahen und vor allem, wie man damit arbeiten mußte. Und ohne optische Hilfsmittel zur Ceres zu fliegen war unmöglich. Auch wurde so etwas wie ein Befehlspult eingebaut, mit dessen Hilfe Belopolski Wtorow genaue Instruktionen geben konnte.
Die Kosmonauten ließen sich Zeit bei der Arbeit, da sie wußten, daß ein Fehler nicht wiedergutzumachende Folgen haben und zu einer Katastrophe fuhren konnte. Ein Zeitverlust war nicht zu befurchten, da beide Raumschiffe in der erforderlichen Richtung flogen.